Parallel zur Landtagswahl in zwei Wochen sollen die Wählerinnen und Wähler im nördlichen Nachbarland auch skurril wirkende Passagen aus der Landesverfassung streichen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Wiesbaden - Am 28. Oktober entscheiden die knapp 4,4 Millionen Wahlberechtigten in Hessen über die Zusammensetzung eines neuen Landtags in Wiesbaden. Allerdings könnte sich dieses Mal der Aufenthalt in der Wahlkabine etwas hinziehen. Neben den zwei Kreuzchen auf dem eigentlichen Stimmzettel können die Wählerinnen und Wähler bei einer parallel stattfindenden Volksabstimmung nochmals ihre Stimme zu 15 Änderungsvorschlägen für die hessische Landesverfassung abzugeben. In 14 Fällen geht es darum etwas in das Regelwerk hineinzuschreiben – etwa Änderungen, die zu mehr Gleichberechtigung, zu mehr Kinderrechten oder zu mehr direkter Demokratie führen sollen.

 

Seit Inkrafttreten wurde die Verfassung sieben Mal geändert

In einem Fall aber soll etwas aus der Landesverfassung gestrichen werden – und der mutet skurril an. Denn die 1946 in Kraft getretene und seitdem insgesamt sieben Mal modifizierte Landesverfassung enthält immer noch Passagen die Todesstrafe betreffend, die mit der Einführung des Grundgesetzes im Jahr 1949 in der Bundesrepublik abgeschafft wurde. Der Artikel 102 lautet kurz und bündig. „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“

Daran ändern natürlich auch Feinheiten der hessischen Verfassung nichts, denn Bundesrecht steht über Landesrecht. Gleichwohl heißt es bis heute im hessischen Regelwerk in Artikel 21: „Ist jemand einer strafbaren Handlung für schuldig befunden, so können ihm auf Grund der Strafgesetze durch richterliches Urteil die Freiheit und die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen oder beschränkt werden. Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden.“ Per Volksabstimmung soll der letzte Satz gestrichen und durch die Formulierung aus dem Grundgesetz ersetzt werden. Das T-Wort findet sich auch im Artikel 109: „Die Bestätigung eines Todesurteils bleibt der Landesregierung vorbehalten.“ Diese Befugnis würde die Landesspitze verlieren, wenn der Vorschlag eine Mehrheit erhält. Über ihn kann einzeln abgestimmt werden oder en bloc mit den anderen 14 Vorschlägen zur Verfassungsänderung. Einer davon sieht vor, dass künftig auch schon 18-Jährigen in den Landtag gewählt werden können. Hessen ist das einzige Bundesland, in dem das passive Wahlrecht erst mit dem 21. Lebensjahr beginnt.