Start-up übernimmt Traditionsfirma: Wie es Gründer aus Österreich ins schwäbische Wäschenbeuren zog, um von dort die Smart-Home-Technologie voranzutreiben.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Wäschenbeuren/Stuttgart - Das Vorhaben ist ambitioniert, der Kampf, den man ausfechten will, schwierig. Im Smarthome-Bereich will es Loxone mit den ganz Großen aufnehmen: mit Amazon, Google, Microsoft oder Bosch. Es geht dabei um die intelligente Vernetzung von Haustechnik und Haushaltsgeräten sowie Unterhaltungselektronik.

 

Während die großen US-amerikanischen Konzerne im sonnigen Kalifornien residieren, hat sich Loxone im kleinen Städtchen Wäschenbeuren (Kreis Göppingen) niedergelassen. Dass das aus Österreich stammende Unternehmen sein Deutschlandgeschäft von dem 4000-Seelen-Ort aus steuert, lasse sich zwar gut vermarkten, heißt es – immerhin könne man so das Bild vom gallischen Dorf bemühen, das sich gegen eine Übermacht zur Wehr setzt –, im Endeffekt ist es aber eher ein Zufall, dass Loxone dort gelandet ist.

Ein kleiner Server steuert alle Geräte

Im Jahr 2016 suchte die Firma, die sieben Jahre zuvor im österreichischen Kollerschlag gegründet wurde, einen Partner für Gegensprechanlagen. Die Wahl fiel auf Baudisch Elektronik nahe Göppingen. Inzwischen haben die Österreicher den schwäbischen Traditionsbetrieb komplett übernommen. „Der Standort Wäschenbeuren war für uns naheliegend, da wir bereits vor der Übernahme auf eine langjährige Partnerschaft mit Baudisch zurückblicken konnten“, sagt Manuel Nader, Geschäftsführer von Loxone Deutschland. Rund sieben Millionen Euro, unter anderem in eine neue Fertigungsstraße, haben die Österreicher in ihre Deutschlandzentrale investiert. In Wäschenbeuren werden Elektriker sowie Dienstleister aus der IT-Branche geschult, die die Technik später in Ein- und Mehrfamilienhäusern, Hotels oder auch Büros verbauen sollen. Weil Loxone auf Komplettlösungen im Smarthome-Bereich setzt, sieht man die Großen wie Amazon und Bosch eigentlich nicht als Konkurrenten. „Für uns ist deren Engagement sogar gut, weil sie mit viel Budget die Werbetrommel rühren“, sagt Nader. Die meisten Anbieter sind mit Lösungen auf dem Markt vertreten, die der Kunde selbst installiert. Zwei Produkte unterschiedlicher Marken sind dabei nicht immer kompatibel. Im Gegensatz dazu steuert bei den Österreichern ein kleiner Server alle Geräte.

Das Versprechen: Mein Haus, meine Daten

Ein weiterer Vorteil der Loxone-Kunden sei, dass sie sich um ihre Daten keine Sorgen machen müssten, verspricht das Unternehmen. Das System arbeite quasi autark und müsse auch nicht mit dem Internet verbunden werden. Es sei denn, man will das ausdrücklich. „Wer sich eine Alexa zulegt, dem muss nur klar sein, was er tut. Bei Loxone lautet der Grundsatz ‚Mein Haus, meine Daten‘, sagt Nader. „Mit Amazons Alexa gibt der Nutzer seine privaten Daten aus der Hand.“ Die Spracherkennung gilt als die Zukunft des intelligenten Heims. Loxone setzt hingegen nicht auf diese Technologie, sondern auf unscheinbare Bedienelemente. Über einen Taster mit fünf Berührungspunkten lassen sich alle Funktionen steuern. Konfiguriert wird das System per App.

Während die Elektriker im Tagungsraum die Technik kennenlernen, bekommen Besucher nebenan vorgeführt, was ein schlaues Haus so alles können sollte. Vom Eingangsbereich über eine großzügige Küche mit Bar- und Essbereich bis hin zu einem Wohn- sowie Schlafzimmer und einem Bad mit Sauna – smart kann ein Haus offenbar an vielen Stellen werden. Verlässt der Bewohner beispielsweise sein Heim, wird die Alarmanlage automatisch aktiviert. Hat er ein Fenster offen gelassen, erinnert ihn eine Stimme daran. Sobald der Bewohner bei Nacht den Fuß auf den Boden setzt, erleuchtet das Zimmer in sanft schummrigem Licht.

Die Gründer Martin Öller und Thomas Moser waren ursprünglich mit der Vision angetreten, die Smarthome-Technologie für jedermann zugänglich zu machen. Eine Komplettlösung ist aber sicher nicht für jedermann erschwinglich. Das Loxone-System sei aber jederzeit erweiterbar, über die intelligenten Heizungen und Jalousien zum Einstieg hinaus, sagt Nader.

Der Markt wird weiter wachsen

Laut einer Studie des IT-Branchenverbands Bitkom aus dem vergangenen Jahr nutzt schon jeder vierte Deutsche mindestens eine Smarthome-Anwendung. Vorbehalte gibt es dennoch: Die Installation oder Bedienung gilt laut Bitkom als zu kompliziert oder die Technik als zu teuer. Dennoch sagen Prognosen ein starkes Wachstum voraus. Der Verband der Internetwirtschaft, Eco, und das Beratungsunternehmens Arthur D. Little haben errechnet, dass 2022 rund 4,3 Milliarden Euro mit Smarthome-Produkten in Deutschland umgesetzt werden.