„Smart TV“ ist ein Trend auf der IFA. Doch die Geräte sorgen daheim oft für Frust. Die Hersteller überfordern die meisten Käufer. Viele Innovationen in den Geräten werden kaum genutzt.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Internetzugang, 3 D, Aufnahmefunktion, Sprach- und Gesten-Steuerung – Fernseher sollen Tausendsassas sein. Das will die Industrie den Verbrauchern einreden. Doch die Hersteller überfordern die meisten Käufer. Viele Innovationen in den Geräten werden kaum genutzt.

 

Ein Beispiel: 3 D. Mehr als drei Millionen TV-Geräte, die dreidimensionale Bilder darstellen können, wurden allein 2012 in Deutschland verkauft. Der Werberummel ist gewaltig, auch auf der Berliner Ifa. Doch wirklich benötigt wird die Funktion kaum. Denn es fehlt an TV-Programmen in 3 D. Auch die Zahl der so produzierten Filme auf Bluray ist überschaubar – und teuer. Läuft ein 3-D-Film, müssen zudem alle Zuschauer spezielle Brillen aufsetzen; ansonsten sind nur völlig verschwommene Bilder zu erkennen.

Drei von fünf derzeit verkauften Fernsehern sind onlinefähig

Auch über den Sinn von Smart TV lässt sich streiten. Drei von fünf Fernsehern, die derzeit verkauft werden, sind onlinefähig. Man kann damit ins Internet, Mails checken, Videos auf Youtube gucken oder auf Facebook mit Freunden chatten – versprechen die TV-Hersteller. In vielen Geräten gehört die Internetfunktion bereits zur Standardausstattung. Eine fragwürdige Verkaufspolitik. Denn nur gut die Hälfte der Haushalte, die bereits ein smartes TV-Gerät besitzen, schließt es überhaupt ans Internet an. Der „Mehrwert" der neuen Geräte werde von vielen Deutschen noch nicht erkannt, räumt der Branchenlobbyist Hans-Joachim Kamp ein. So kann man das auch sehen.

Die meisten Käufer sind von der Funktionsvielfalt wohl schlicht überfordert. Zwar haben die besten Geräte automatische Installationsprogramme, die man finden und verstehen kann, wenn man Zeit, Ahnung und Geduld hat. Doch der Teufel lauert im Detail. Die Probleme sind nicht neu. Auch bei der Inbetriebnahme eines Video- oder DVD-Rekorders scheitern viele Käufer, wie Studien zeigen.

Um den Fernseher zur „interaktiven Unterhaltungszentrale“ zu machen, ist ebenfalls einiger Aufwand und technisches Grundverständnis nötig. Industrie und Handel starten nun sogar eine Aufklärungskampagne, um den Verbrauchern den Mehrwert von webbasiertem TV und die Vernetzung mit anderen Geräten näher zu bringen. Bundesweit 7000 Fachgeschäfte bieten die Installation des Smart-TVs an. Ob das hilft, bleibt abzuwarten. Womöglich will ein großer Teil der Zuschauer auf der Mattscheibe im Wohnzimmer einfach nur gemeinsam TV-Programme und Filme gucken möchte. Zumal mit den Tablet-PCs ein Gerät zu haben ist, mit dem man prima im Internet surfen kann. Trotzdem treiben die TV-Hersteller die teure Entwicklung zum digitalen Alleskönner immer weiter voran. Der Wettbewerb in der Branche scheint viele Anbieter zu animieren. Im TV-Geschäft schreiben die Hersteller seit Jahren hohe Verluste, die Märkte in den Industrieländern sind längst gesättigt.

Wenigen Käufern ist bewusst, dass die Geräte Updates brauchen

Dabei investieren die Deutschen gern in TV-Fortschritt. Das beste Beispiel sind Flachbildschirme, die mit HD-Format ein viel besseres Bild liefern als Röhrenfernseher. Bis zu zehn Millionen verkaufte Geräte pro Jahr allein in Deutschland haben der Branche ein Milliardengeschäft beschert. Doch auch hier sinken bereits die Absatzzahlen. Also müssen neue Sensationen her – etwa der Smart-TV. Doch den wenigsten Käufern ist wirklich bewusst, dass das Gerät aktuelle Programme, regelmäßige „Updates" und eine fehlerfreie Installation braucht, wenn es richtig funktionieren soll.

Die nächste Verkaufsmasche hat die Branche bereits: Ultra-HD. Der geplante neue Standard soll TV-Bilder durch vierfach höhere Auflösung noch schärfer machen. Dafür wären aber - was nicht überraschen wird - neue, größere Geräte und eine völlig neue TV-Infrastruktur nötig. Dass Verbraucher schon wieder kostspielige Geräte anschaffen, damit ist kaum zu rechnen.