Die lokale Sneakerszene ist klein, dafür voller Hingabe. Das beweisen zwei Sammler aus Stuttgart mit ihrer Veranstaltung Kicks-N-Coffee, zu der zirka 1000 Besucher aus der ganzen Welt anreisen.

Stuttgart - Es war ein ungewöhnliches Bild, das sich im Frühjahr an der Königstraße bot. Mitten auf der größten Einkaufsstraße Stuttgarts war ein kleines Zeltlager errichtet. Junge Leute aus ganz Deutschland und dem Ausland schliefen unter freiem Himmel, saßen tratschend und Bier trinkend auf ihren Klappstühlen, als besuchten sie ein Festival. Weshalb? Die jungen Leute saßen vor dem Sportgeschäft Foot Locker und warteten nicht auf einen Musikact, sondern auf einen Turnschuh. Und zwar auf einen besonderen: Auf den Verkaufsstart des „Adidas Yeezy 750 Boost“, der neuesten Kreation des US-Rappers Kanye West und Adidas. Ein Turnschuh, der limitiert auf den Markt gekommen ist und inzwischen für Tausende Euro auf Onlineplattformen verkauft wird. Ein Turnschuh als Statement.

 

Den Weg geebnet für solch eine Art von Ansturm hat Anfang der Neunziger vor allem der Basketballstar Michael Jordan, der mit seinem „Air Jordan“ von Nike den Stil der amerikanischen Jugend geprägt hat. Der Hype schwappte nach Deutschland über – durch Michael Jordan, aber auch aufgrund des US-Hip-Hops, der sich nicht nur durch die Musik, sondern auch durch einen eigenen Kleidungsstil ausgezeichnet hat: Kapuzenpullover, Baggy Jeans und Sneaker.

Sneakers sind ein verbindendes Element

Der Stil war schnell auch in der Hip-Hop-Stadt Stuttgart angekommen. Damals waren Tomas Majdandzic und Danijel Balasevic noch Knirpse. Heute haben die beiden Stuttgarter jeweils eine stattliche Sneakersammlung aufgebaut und organisieren gemeinsam mit anderen Sammlern die Messe Kicks-N-Coffee in Stuttgart und Wien. Eine Art Flohmarkt von und für Sneakerfans. Auch beruflich befassen sie sich mit dem Thema: Majdandzic und Balasevic arbeiten im Geschäft Suppa, das die Veranstaltung Kicks-N-Coffee unterstützt. Im Jahr 2011 mit 200 Besuchern gestartet, zieht der Flohmarkt heute rund 1000 internationale Sneakerfans an. Geld soll damit keines gemacht, vielmehr sollen Gleichgesinnte vernetzt werden.

„Mitte der Neunziger war ich in einem Alter, in dem man natürlich empfänglich ist“, erinnert sich Majdandzic an die Anfänge – dafür, den Idolen aus den USA nachzueifern, ihren Stil zu kopieren. Ähnlich wie es die Kids heute mit Kanye West und seinem Schuh Yeezy halten. Sneakers waren und sind Teil der Popkultur, ein verbindendes Element, an dem man sich erkennt. „Die Halle voller Nikes, Adidas und Filas/Ich weiß, das war nie das, was zählt/doch irgendwie lieb’ ich das“, brachte es die Stuttgarter Combo Massive Töne in ihrem Lied „Schoß der Kolchose“ auf den Punkt.

Schuhe werden erst einmal ins Regal gestellt

Aus dem kleinen Hobby, das mit Skateboarding und Musik einherging, hat sich bei beiden schnell eine große Leidenschaft entwickelt. Auf die Suche nach seltenen Modellen zu gehen, auf Reisen alte Schuhlager zu durchstöbern, nach Jahren das eine gewünschte Modell zu finden, Jagen und Sammeln – das macht den Reiz aus. Majdandzic kann sich noch genau an seinen ersten Schuh erinnern, den ihm seine Eltern gekauft haben. Es war ein Nike Air Force. Das günstigere seines eigentlichen Wunschmodells. Sneakers sammeln ist nicht gerade ein günstiges Hobby, vor allem für einen Heranwachsenden. „Zum Glück gibt es die schwäbische Kehrwoche“, sagt Balasevic und lacht. Doch: „Es geht uns aber nicht um den materiellen, sondern um den emotionalen Wert der Sammlung“, sagt Majdandzic. Viele Stücke sind mit Erinnerungen an Reisen und Begegnungen verbunden.

Manche Schuhe sind deshalb zu schade, um direkt getragen zu werden. „Ich stelle meine neuen Schuhe immer erst einmal ins Regal“, sagt Balasevic. Und wenn man ihn nach dem liebsten Modell in seiner gut 300 Paar umfassenden Sammlung fragt, antwortet er empört: „Alle! Die sind alle schön.“ Daran erkennt man echte Hingabe.

Kicks-N-Coffee
Samstag, 25. Juli, 12 bis 18 Uhr, Suite 212, Theodor-Heuss-Straße 15