Snoop Dogg kam verspätet, lieferte eine routinierte Best-of-Show ab und ging ohne eine Zugabe viel zu früh. Für seinen Auftritt auf der Freilichtbühne auf dem Killesberg erntete der US-Rapper Pfiffe und Buhrufe.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Nach 50 Minuten ist der Auftritt des Doggfathers auf der Freilichtbühne Killesberg schon wieder Geschichte. Mit Jamming von Bob Marley und der nicht gerade Apotheken-Umschau-kompatiblen Anregung, bitte jederzeit ordentlich Gras zu rauchen, verlässt der 43-Jährige die Bühne ohne eine Zugabe. Dafür erntet er von den 4500 Fans, die über 50 Euro für eine Konzertkarte gezahlt hatten, Pfiffe und Buhrufe: ein Euro für eine Minute Konzert, billig ist anders.

 

Dabei hatte der Auftritt stellenweise sogar Spaß gemacht. Die Show hatte weniger den Charakter eines Livekonzerts, sondern wirkte vielmehr wie ein DJ-Set, das von einer Band aus Schlagzeug, Gitarre und Keyboard verstärkt wird. Viele seiner zahlreichen Hits spielte Snoop Dogg, mit bürgerlichem Namen Calvin Cordozar Broadus, erst gar nicht bis zum Ende. Zeit ist schließlich Geld. Das Publikum des Konzerts, das binnen 24 Stunden ausverkauft und als exklusives Deutschland-Konzert der Raplegende von der US-Westküste angekündigt worden war, feierte die im Schnelldurchgang abgefeuerte Setlist dennoch brav ab.

Und das zurecht, schließlich gibt es nicht viele Vertreter dieses Genres, die für so viele Hip-Hop-Hits verantwortlich zeichnen wie Snoop Dogg. 1993 debütierte er mit dem Album Doggystyle, auf dem sich Meilensteine wie „Gin and Juice“ oder „Who Am I (What’s my Name?)“ finden. Später sollten Kracher wie „The Next Episode“ (gemeinsam mit Dr. Dre) oder „Drop it like it’s hot“ (mit Pharrell Williams) hinzukommen. Dass Snoop Doggs vergangene Veröffentlichungen oft hart an der Grenze zum Peinlichen oder mindestens Belanglosen waren – geschenkt. Auf die Freilichtbühne hat er sowieso nur so viel Zeit mitgebracht, um ausschließlich Hits zu spielen.

Die Location auf dem Killesberg bietet den perfekten Rahmen für den kalifornischen Klang. Rund um die ausverkaufte Location wird dem Kurzkonzert auf Picknickdecken gelauscht. Das Publikum würde mit seinen kurzen Hosen, L.A-Shirts und den vielen kurzen Röcken auch an der amerikanischen Westküste nicht negativ auffallen. Zwischen Stuttgart, Sindelfingen und Leinfelden leben die Fans den amerikanischen Traum ihres Idols eben brav mit. Und zwar die Version der Geschichte des amerikanischen Aufstiegs, die bei US-Rapstars immer leicht abgewandelt daherkommt: Nicht vom Tellerwäscher, sondern vom Kleindealer oder wenigstens Gras-Abonnenten zum Millionär.

So werden die vier Polizisten in Uniform, die um kurz vor 21 Uhr aus dem Backstage-Bereich des Künstlers kommen, vom Publikum auch brav ausgepfiffen und ausgebuht. Das gehört zur Folklore eines Hip-Hop-Konzerts genauso dazu wie die gerne etwas übertriebenen Kontrollen der Stuttgarter Polizei vor solch einem Auftritt. Dass die entspannt aussehenden Beamten sich vielleicht selbst nur ein Autogramm von Snoop Dogg kurz vor dem Auftritt besorgt hatten – geschenkt.

Weniger entspannt wirkt Veranstalter Paul Woog um 21 Uhr beim Small Talk vor der Bühne, als Snoop Dogg immer noch keinerlei Anstalten macht, sein Konzert zu beginnen. Verständlich, schließlich kann man den Grad der Lustlosigkeit bei US-Rappern im Vorfeld ihrer Auftritte immer nur schwer abschätzen. Snoop Dogg hatte wenige Tage vor seinem Konzert in Stuttgart in Bayern für einen Eklat gesorgt, weil er einen von zwei zugesagten Auftritten einfach platzen ließ.

In München und bei Augsburg hatten zwei Diskothekenbetreiber den Künstler für jeweils ein DJ-Set am Freitagabend gebucht, um sich die kolportierte Gage von 140 000 Euro teilen zu können. Je nach Sichtweise der Beteiligten schien aber nur der Besitzer der Großraumdiskothek PM im pittoresken Untermeitingen bei Augsburg in der Lage, die Forderungen des Rap-Stars zu erfüllen: Die Gage sollte bei Ankunft in bar und in der richtigen Währung, nämlich in US-Dollar, übergeben werden.

Welche Rolle eine große Tüte Gras bei der Geldübergabe gespielt hat und wer am Ende an der Absage des DJ-Sets Schuld ist, scheint nicht abschließend geklärt werden zu können, die unterhaltsame Geschichte lässt sich aber auf der Website des Bayerischen Rundfunks nachlesen. So oder so: Die Betreiber des Münchner Clubs Zenith scheinen Snoop Dogg an diesem Abend auf der falschen Tüte erwischt zu haben, am Ende legte der Amerikaner nur in Untermeitingen auf, während die Fans in München randalierten.

Der Rest ist Pfiffe

In Stuttgart kam es am Dienstagabend zum Glück nicht so weit, da sich The Artist formerly known as Snoop Doggy Dogg am Ende dann doch, wenn auch nur kurz, auf die Bühne bequemt. Und während ebendort unmittelbar nach dem Auftritts um 21.55 Uhr noch diskutiert wird, welche Groupies durchgelassen werden und welche nicht, hat das Publikum endgültig verstanden, dass es wohl wirklich keine Zugabe mehr geben wird.

Der Rest ist Pfiffe, Buhrufe und ein schaler Beigeschmack samt Enttäuschung darüber, dass US-Rapstars wie so oft eine andere Vorstellung von der Dauer und Intensität von Live-Auftritten haben, als man das von Künstlern in anderen populären Musikstilen gewöhnt ist.


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