Aus Angst vor Ärger hat ein Geschwisterpaar aus Bayern seinem Vater eine Lügengeschichte von einem Einbrecher aufgetischt. Sie schilderten das Erlebnis so drastisch, dass am Ende ein Großeinsatz der Polizei ausgelöst wurde. Wahr oder gelogen? Sieben Tipps, an denen Sie einen Betrüger, Lügner und Schwindler überführen können.
Moosthenning - Die Lügengeschichte zweier Geschwister über eine zerbrochene Glastür hat in Bayern einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Die acht und zehn Jahre alten Kinder aus Moosthennig im Landkreis Dingolfing-Landau hatten ihrem Vater erzählt, ein schwarz gekleideter Mann mit Sturmhaube habe sie in ihrer Wohnung überfallen, wie ein Polizeisprecher am Mittwoch sagte.
Polizei Mär vom „schwarzen Mann“ aufgetischt
Als der „schwarze Mann“ den Zehnjährigen mit dem Kopf voran gegen die Glastür im Wohnzimmer gestoßen habe, sei die Tür zerbrochen, schilderten die Kinder demnach ihrem Vater.
Der Junge wurde mit leichten Verletzungen am Kopf und an der Brust in ein Krankenhaus gebracht. Der besorgte Vater informierte die Polizei. Da die Geschwister den Beamten ihre Geschichte bestätigten, begannen am Dienstagnachmittag mehrere Polizeistreifen, nach dem unbekannten Einbrecher zu fahnden.
Erst als die Ermittler bei der genaueren Befragung des achtjährigen Mädchens Ungereimtheiten bemerkten, gab der Junge zu, die Geschichte erfunden zu haben. In Wahrheit sei er beim Fangen-Spielen mit seiner Schwester durch die Glastür gestolpert.
Wie Mimik-Experten Lügner überführen
Bei Dr. Carl Lightman ist Lügen zwecklos. Lightmann ist Ermittler und Held der US-Fernsehserie „Lie to Me“, der in den Mienen der Menschen abliest, ob sie lügen. Die Krimiserie basiert auf den Forschungen des US-Emotionspsychologen Bei Dr. Carl Lightman ist Lügen zwecklos. Lightman ist Ermittler und Held der US-Fernsehserie „Lie To Me“, der in den Mienen der Menschen abliest, ob sie lügen. Die Krimiserie basiert auf den Forschungen des amerikanischen Emotionspsychologen Paul Ekman, der sich seit über 40 Jahren mit Lügnern beschäftigt.
Micro-Expressionen
Ekman hat ein System erfunden, mit dem selbst kleinste Veränderungen im Gesichtsausdruck gedeutet werden können. Sein „Facial Action Coding System“ (FACS) umfasst rund 10 000 Gesichtsausdrücke – darunter Micro-Expressions, winzige mimische Veränderungen, die in Sekundenbruchteilen übers Gesicht huschen: eine hochgezogene Augenbraue, Unterbrechung der Atmung, ein aufgesetztes Lächeln oder Blinzeln. Mikro-Expressionen sind unwillkürliche, nicht bewusst gesteuerte Bewegungen der Gesichtsmuskeln, die auf unterdrückte Emotionen hindeuten. Mit ihrer Hilfe können Experten herausfinden, ob jemand lügt oder die Wahrheit sagt. Doch wie erkennt man versteckte Signale? Gibt es Tricks, um Lügner zu entlarven?
Sieben Merkmale, an denen man Lügner erkennen kann
1. Gesichtsveränderung
Lügner und Trickser können sich durch plötzliche Veränderungen der Mimik verraten. „Diese Mikro-Ausdrücke sind unbewusst und zeigen, was jemand wirklich fühlt“, sagt der Münchner Wirtschaftspsychologe Jack Nasher. „Die wenigsten können sie kontrollieren. Sie erstrecken sich auf das ganze Gesicht.“
Beim Lügen können drei zentrale Emotionen auftreten: Angst, Freude und Schuld. Angst etwa kann ein Gefühl sein, das auf eine Lüge hinweist, wenn der Gefühlsausdruck im Widerspruch zu dem steht, was jemand sagt. Ein Zucken im Mundwinkel oder eine hochgezogene Augenbraue sind aber noch kein sicheres Indiz. „Im Gesicht sehen wir keine Lügen, sondern nur Emotionen. Wichtig dabei ist: Wir wissen nie, warum eine bestimmte Emotion auftritt“, erklärt der Mimik-Experte und Emotionscoach Dirk Eilert. „Indem wir die Emotionen hinterfragen, sammeln wir Hinweise, ob eine Aussage wahr oder falsch ist.“
2. Stress
Am Gesicht kann man ablesen, ob jemand gestresst ist. Ein Beispiel: Normalerweise blinzelt der Mensch zehn bis 15-mal pro Minute, bei Stress steigt die Frequenz auf bis zu 60-mal. „Dies kann niemand kontrollieren“, sagt Eilert. „Auch die Atmung beschleunigt sich und die sogenannten Berührungsgesten nehmen zu: Man spielt zum Beispiel mehr mit den Fingern, kratzt sich im Gesicht oder leckt sich über die Lippen.“
Auch die Gesichtsfarbe könne sich schlagartig verändern. „Wir werden rot, wenn wir verlegen sind und blass, wenn wir Angst haben. Das lässt sich nicht bewusst steuern.“ Der Grund: „Da das Emotionszentrum direkt mit der mimischen Muskulatur verbunden ist, zucken wir bevor der Verstand reagieren kann.“
3. Gestik
Oft passt die Körpersprache nicht zum Inhalt des Gesagten oder sie timmt nicht mit der Mimik überein. Jack Nasher, der als Professor an der Munich Business School lehrt, nennt das Disharmonie. „Lügner sind eher steif und hölzern, sie versuchen kontrolliert zu sein und nicht aufzufallen.“
Allerdings gebe es keine bestimmte Bewegung, die untrüglich auf eine Lüge hinweist. „Es gibt keine typische Lügner-Haltung.“ Das bestätigt auch der Würzburger Medienpsychologe Frank Schwab, der Ekmans System bei einem seiner Schüler erlernt hat. „Das sind nur Hinweise, der Sache noch mal genauer nachzugehen.“
4. Verhaltensänderung
Menschen, die die Unwahrheit sagen, neigen dazu ihr Verhalten plötzlich zu ändern, um ihre Gefühle zu verbergen. Mitunter tritt das Gegenteil auf, wenn jemand seine Freude kaum unterdrücken kann, weil er seinem Gegenüber eine Bären aufgebunden hat. Auch das geschehe meist unbewusst, erläutert Nasher, wodurch sich viele Lügner verraten.
5. Kontext
Es kommt immer auf den Zusammenhang an, in dem etwas gesagt wird oder sich eine Mimik zeigt. So ist es in einem Polizeiverhör für die meisten Menschen völlig normal, wenn sie nervös sind und schwitzen, selbst wenn sie nichts verbrochen haben. Deshalb sei es wichtig Vergleiche zu haben, um Abweichungen vom Normalverhalten festzustellen, erklärt Dirk Eilert.
„Man muss erst ein bisschen mit der Person plaudern, um einen Eindruck von ihrem Normalverhalten zu bekommen. So lassen sich Veränderungen in Gestik und Mimik dann leichter nachweisen und vor allem zuverlässiger erkennen.“
6. Sprache
Vor allem die Sprache verrät einen Lügner, wobei gerade Politiker als Rhetorik-Profis diesbezüglich oft schwer zu durchschauen sind. Spätestens wenn sie etwas inbrünstig betonen oder überzeugend klingen wollen, sollte man misstrauisch werden. Der Psychologe Max Hermanutz, der bis 2018 an er Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen lehrte, listet 19 verbale Glaubhaftigkeitsmerkmale auf, die angehende Kommissare lernen müssen – wie überflüssige, ungewöhnliche Details, unverstandene Handlungsstränge oder spontane Verbesserungen der Rede.
Einer Lüge fehle es an sprachlichen Details und Ausschmückungen, erläutert Nasher. „Lügner haben Angst sich zu verraten und geben deshalb so wenig Details wie möglich preis. Außerdem sind sie zögerlich und versuchen Zeit zu schinden.“ Ein weiteres Indiz können Sprachhülsen und Floskeln sein, die die Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit betonen und mit denen man sich von moralisch verwerflichen Praktiken distanzieren will.
7. Starrer Blick
Die obere Gesichtshälfte mit der Augenpartie ist laut Eilert eher unbewusst gesteuert, weshalb sie auch zuverlässiger ist als die Mundpartie, wenn es um die Deutung von Gefühlen geht. Lügner können ihrem Gegenüber nicht in die Augen schauen, lautet ein gängiges Klischee.
Das sei grober Unfug, das Gegenteil sei der Fall, meint Eilert. Statt verlegen auf den zu Boden oder an die Decke zu blicken, starre der Täuscher einen eher an und fixiere ihn, um glaubhaft zu wirken und herauszufinden, ob er schon enttarnt sei. Allerdings gibt es Nasher zufolge eine Ausnahme: Wenn Lügner große Schuldgefühle hätten, würden sie dem direkten Augenkontakt ausweichen.