Der Mai hebt mit 271 Stunden Sonnenschein das Frühjahr 2020 auf Rekordniveau beim Licht, und es war viel zu trocken. Aber vor der Schafskälte wird es frisch und es kommt Regen.

Stuttgart - In der pandemischen Informationsflut über Corona ging dieses Zitat Winfried Kretschmanns nahezu unter. „Man kann sich“, so der grüne Ministerpräsident mit novembrigen Gesichtsausdruck, „über das dauernd schöne Wetter gar nicht mehr richtig freuen“, sagte er Mitte Mai. Sonne, Sonne, Sonne, fast den ganzen Mai, fast auch das gesamte Frühjahr – was ist denn daran auszusetzen?

 

Es gab so manchen Frust

Im Prinzip nichts, aber da es gleichzeitig staubtrocken war im Land und auch in Stuttgart gab es doch so manchen Frust. In den Wäldern können sich die ausgetrockneten Bäume nur schwer gegen den Borkenkäfer wehren, wer Erdbeeren ohne Gießen wachsen lassen will, erntet so etwas wie schrumpelige Rosinen, gegen den vorzeitigen Faltenwurf muss man sich schon seit Wochen mit Lichtschutz 50 zukleistern und Legionen ausgetrockneter Hobbyschwimmer blickten mit Tränen in den chlorfreien Augen durch geschlossen Gitter auf blitzblaue und ungenutzte Wasserflächen der geschlossenen Freibäder. Das freute allerdings – zumindest heimlich – so manchen Kämmerer, weil so das alljährliche Minusgeschäft der Sommerbäder deutlich später beginnt. Wenn überhaupt.

Sommerfeeling unter blauem Himmel

Aber im Ernst – was für ein exquisiter Freibadmonat wäre der Mai gewesen. Sommerfeeling unter blauem Himmel. In einem normalen Jahr ohne Corona wären an den Kassen Rekordwerte für den Monat erreicht worden. 271 Stunden schien die Sonne im Mai, das sind knapp 75 Stunden mehr als im langjährigen Mittel. Das gesamte Frühjahr, also der Zeitraum 1. März bis 31. Mai, brachte es auf 771,2 Stunden Sonnenschein, das entspricht gut 162 Prozent des Durchschnittswertes. „Das Frühjahr 2020 war das sonnenreichste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1951“, sagt dazu Andreas Pfaffenzeller. Der Meteorologe des Deutschen Wetterdienst (DWD) ergänzt: „Der Mai für sich betrachtet kommt auf Platz fünf im Sonnenranking.“

Hobbymäher verzweifeln

Das viele Licht hätte Basis für perfektes Wachstumswetter sein können, wenn mehr Regen dazu gekommen wäre. Aber nach dem extrem trockenen April hatte auch der Mai nicht viel Wasser zu bieten. An der Wetterstation des DWD am Schnarrenberg wurden spärliche 45,4 Liter Regen gemessen, das sind knapp 55 Prozent eines normalen Jahres. Das ließ vor allem Hobbymäher verzweifeln, weil der Rasen zumindest gegen Ende des Monats kaum noch wachsen wollte. Und dazu hätten viele im Homeoffice ja wunderbar Zeit gehabt. Vor einem Jahr fielen im Mai satte 105 Liter Regen, also mehr als doppelt so viel wie jetzt. Danach schwirrte die Luft vom Geknatter der neuesten Mähergeneration aus dem Baumarkt. Das gesamte Frühjahr 2020 brachte dagegen nur etwa 58 Prozent des benötigten Regens.

Unauffällige Temperatur

Ziemlich unauffällig präsentierte sich im Mai die Temperatur. „Mit 14 Grad war der Mai zwar um 0,7 Grad zu warm, aber das ist eine moderate Abweichung zum vieljährigen Mittel“, erklärt Andreas Pfaffenzeller. „Schuld“ an den fast normalen Werten in Zeiten des Klimawandels waren ein oft kühler Nordostwind und vor allen die Nächte. „Am 12. Mai hatten wir eine Tiefsttemperatur von null Grad“, sagt Pfaffenzeller, „das ist nicht weit weg von der niedrigsten für Mai gemessene Temperatur von minus 1,2 Grad im Jahr 1962.“

Hoffnung ist in Sicht

Und jetzt kommt der meteorologische Sommer, der in Stuttgart seit Pfingstmontag mit Macht eingezogen ist. Für alle Landwirte, Hobbygärtner und Fans eines gepflegten und kühlen Grau ist aber Hoffnung in Sicht. Von Donnerstag bis zum kommenden Dienstag wird es deutlich kühler in der Stadt – und vor allem nasser. So wie es aussieht, kann sich also auch MP Kretschmann wieder übers Wetter freuen. Gut möglich, dass es über das kommende Wochenende so viel Regen fällt, wie im gesamten Mai. Zunächst kommt das Nass allerdings in Form von Schauern und Gewittern, es wird also nicht überall gleichmäßig nass. Im Verlauf des Wochenendes ist aber flächendeckender Regen wahrscheinlich. Und das punktgenau zu dem Zeitpunkt, an dem die Freibäder wieder öffnen dürfen, die jetzt wochenlang unter praller Sonne leer standen. Ein Witz, aber leider kein guter.