Nach seinem Rücktritt als Geschäftsführer des Chemnitzer FC hat Thomas Sobotzik am Mittwoch die Gründe für seine Entscheidung dargelegt. Der ehemalige Fußballprofi übte heftige Kritik an den CFC-Fans.

Chemnitz - Eine Woche lang hatte sich Thomas Sobotzik in der Öffentlichkeit nicht äußern wollen. Am Mittwoch teilte der 44-Jährige in einer persönlichen und sehr ausführlichen Erklärung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, die Gründe für seinen Rücktritt als Geschäftsführer des Chemnitzer FC mit. Die Entscheidung, den Verein um die Entbindung von allen Aufgaben zu bitten, sei für ihn alternativlos gewesen. „Was ich zuletzt an persönlichen Anfeindungen, Beschimpfungen und Drohungen erleben und erleiden musste, geht weit über das Maß hinaus, das verkraftbar ist“, erklärte Sobotzik. Am 4. September hatte Sobotzik gemeinsam mit Cheftrainer David Bergner sein Amt beim sächsischen Fußball-Drittligisten niedergelegt. Allerdings nicht aus sportlichen Gründen. Vor allem Sobotzik sah sich in den vergangenen Monaten heftigen Anfeindungen aus der Fanszene ausgesetzt – obwohl der CFC trotz des laufenden Insolvenzverfahrens im Frühjahr aufgestiegen war, den Landespokal gewann und sich finanziell auf einem geordneten Konsolidierungskurs befand.

 

Blanker Hass aus der Fan-Szene

„Umso unverständlicher ist es, dass mir aus der aktiven Fan-Szene immer öfter blanker Hass entgegen geschlagen ist und ganz gezielt hier Leute aus dem rechten politischen Lager mit ihren rassistischen und anti-semitischen Parolen den Verein und seine handelnden Personen in ein schlechtes Licht gerückt haben und mit ihren Aktivitäten die Basis für eine verantwortungsvolle und erfolgreiche Arbeit akut gefährden“, erklärte Sobotzik. Auch Bergner hatte bereits am Montag in einem Interview der „Bild“-Zeitung Kritik an den Zuständen rund um den CFC geübt. „Der 9. März hat deutlich aufgedeckt, was in diesem Verein alles nicht passt. Es war für den CFC in meinen Augen der Super-Gau, spätestens seit diesem Tag ging es leider nicht mehr um Fußball in Chemnitz“, sagte Bergner. Am 9. März war vor dem Spiel gegen Altglienicke eine öffentliche Trauerbekundung für einen verstorbenen Rechtsradikalen abgehalten worden.  „Ich habe mich seit langem mit dieser unheilvollen Situation beschäftigt und immer wieder aufs Neue klar Position bezogen, wäre auch jederzeit zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem radikalen Teil unserer Fans bereit gewesen, aber dieses Anliegen hatte keine Chance auf eine Realisierung“, übte der ehemalige Fußballprofi heftige Kritik an Teilen der Anhängerschaft.

Beleidigt und mit Bierbechern beworfen

Bereits vor dem Auswärtsspiel am 24. August bei Bayern München II, wo Sobotzik als „Judensau“ beschimpft worden war, habe sein Entschluss, beim CFC aufhören zu wollen, festgestanden: „Die Schmierereien am Stadioneingang vor dem Spiel gegen 1860 München hatten folglich auch keinen Einfluss mehr auf meine Entscheidung, sondern habe mich darin eher bestärkt. Ich wollte mich den zunehmenden Bedrohungen nicht mehr aussetzen.“ Ein einschneidendes Erlebnis sei für Sobotzik das Regionalliga-Heimspiel am 4. Mai gegen den ZFC Meuselwitz gewesen. Weil am Tag des Aufstiegs ein Platzsturm drohte, sei er in die Fankurve gegangen, um die Anhänger zu beruhigen. Dort wurde Sobotzik nach eigener Aussage beleidigt und mit Bierbechern beworfen.

„Verpiss Dich, Du scheiss Drecks-Jugo“

„Schon da fielen Worte wie „Verpiss Dich, du Hurensohn“ und „Verschwinde aus Chemnitz“. Ein weiterer Tiefpunkt waren dann in dieser Saison die Vorkommnisse nach dem DFB-Pokalspiel gegen den HSV, als ich am Ausgang des VIP-Ausgangs von einem Mitglied der aktiven Fan-Szene aufgelauert wurde, das mich mit den Worten empfing: „Auf Dich habe ich die ganze Zeit gewartet.“ Dann bedrängte er mich und sagte „Verpiss Dich, Du scheiss Drecks-Jugo““, berichtete Sobotzik. Der 44-Jährige wurde polnischen Gliwice geboren.

Auch nach der Entlassung von Stürmer Daniel Frahn, dem die Nähe zu rechtsradikalen Fans vorgeworfen wurde, habe der scheidende Geschäftsführer Drohungen erhalten. „Nach all den Wirren in den vergangenen 16 Monaten und besonders den unwürdigen Konflikten von Teilen der aktiven Fan-Szene mit mir, bin ich der Überzeugung, dass ein personeller Neuanfang auf meiner Position die einzig richtige Alternative und Lösung ist“, betonte Sobotzik.

Nachfolger wird in kommenden Tagen bestimmt

Trotz der vielen negativen Erlebnisse sprach er von einer „insgesamt erfolgreichen und positiven Zeit“ beim CFC: „Ich konnte viel bewegen und der sportliche Erfolg spricht für sich. Ich bedauere nicht, dass ich mich in Chemnitz engagiert habe. Ich würde es immer wieder so machen und auch den Kampf gegen rechtsradikale Anhänger im Interesse des Vereins und auch des Images der Stadt aufnehmen und mich somit klar positionieren im Sinne des gesellschaftlichen Auftrags des Fußballs.“ Die CFC-Gesellschafter wollen in den kommenden Tagen über die Nachfolger von Sobotzik und Bergner entscheiden. Die Mannschaft wird bis dahin von Interimstrainer Sreto Ristic trainiert.