Social Media aus dem Stuttgarter Rathaus Wie viel Einfluss haben die „Nopper-Boys“?

Das Team Nopper am Abend der OB-Wahl: Die Söhne Franz-Ferdinand (links) und Carl-Alexander feiern mit Vater Frank und Mutter Gudrun Nopper den Sieg. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Im Gemeinderat regt sich Kritik am Einfluss der Söhne von Frank Nopper auf die offiziellen Social-Media-Accounts des Rathauschefs. Auch Experten halten das Mitwirken für unprofessionell und unglücklich. Das Rathaus kontert: Was auf Instagram oder Facebook veröffentlicht werde, entscheide allein der OB.

Stuttgart - Schon im OB-Wahlkampf haben die Söhne des späteren Wahlsiegers Frank Nopper (CDU) ihren Vater aktiv unterstützt – insbesondere auch auf dessen privaten Social-Media-Kanälen. Um den familiären Rückhalt beneidete ihn sogar die politische Konkurrenz. Zumindest in der Anfangsphase seiner Amtszeit als Stuttgarter OB haben Franz-Ferdinand (20) und Carl-Alexander Nopper (23) ihr Engagement auch auf die städtischen Accounts des Rathauschefs ausgeweitet und dabei auch direkt auf die Kanäle zugegriffen. War das zulässig?

 

Eine Frage der „politischen Hygiene“?

Die Pressestelle des Rathauses betont, es habe sich bei der „Unterstützung“ durch die Söhne um „unentgeltliche Gefälligkeitshandlungen innerhalb der Familie“ gehandelt. Während die Stadt darin keinen Grund zur Beanstandung sieht, hat der Einfluss der Söhne auf die Außendarstellung des Rathauschefs nach Ansicht von Kritikern zumindest „ein Gschmäckle“.

Aber nicht nur politische Gegner Noppers halten die Aktivitäten der Sprösslinge in den offiziellen sozialen Netzwerken des OB für befremdlich: Beide hätten weder ein politisches Mandat, noch seien sie bei der Stadt beschäftigt. In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung der Verwaltung, in denen insbesondere das Thema IT-Sicherheit Stadtverwaltung und Kommunalpolitik vor immer größere Anforderungen stelle, müssten die Urheberschaft für Beiträge auf städtischen Social-Media-Kanälen sowie Zugriffsrechte darauf transparent und klar geregelt sein, heißt es aus dem Gemeinderat. Das sei auch eine Frage der „politischen Hygiene“, meint sogar ein Parteifreund Noppers.

Steckt hinter jedem Post von OB Nopper auch wirklich der OB?

Wie viele andere Oberbürgermeister nutzt auch Frank Nopper die Internetplattformen Instagram und Facebook, um seine politischen Positionen darzulegen und seine Arbeit als Stadtoberhaupt zu dokumentieren. Mal spricht er sich für den Erhalt von Parkhäusern in der Innenstadt aus, mal wirbt er mit Ex-Fußball-Nationalspieler Philipp Lahm für Stuttgart als einem der Austragungsorte der EM 2024. Zwischendurch wird auch schon mal Privates eingestreut, etwa ein Geburtstagsgruß für seine Frau nebst einem Strauß roter Rosen. Knapp 10 000 Abonnenten hat seine OB-Facebook-Seite, rund 8600 Menschen folgen ihm auf Instagram. Und natürlich freue sich der OB über jedes „Like“ für die Beiträge, heißt es aus seinem Umfeld.

Doch steckt hinter jedem Post, den Nopper als OB absetzt, auch wirklich der Rathauschef selbst? Ja, lautet die Antwort seiner Sprecherin Susanne Kaufmann, die die Abteilung Kommunikation im Rathaus leitet. Er allein treffe die Entscheidung, welche Fotos oder Texte zur Veröffentlichung ausgewählt würden, und sei dafür auch presserechtlich verantwortlich. Der OB könne hierbei allerdings „Empfehlungen von städtischen Mitarbeitern und auch von Dritten berücksichtigen“. Einer rechtlichen Grundlage dafür bedürfe es nicht. Kaufmann bestätigte zugleich, dass die Nopper-Söhne „in einer Übergangsphase“ zu Beginn seiner Amtszeit „ausschließlich auf Weisung des Oberbürgermeisters“ Zugriff auf die beiden städtischen Social-Media-Kanäle gehabt hätten. Sie seien aber nicht weisungsbefugt gegenüber Mitarbeitern der Abteilung Kommunikation gewesen, die sich hauptberuflich um die Pflege der Social-Media-Accounts des OB kümmern. Mittlerweile hätten die beiden keine Zugangsberechtigung mehr: „Wie dies in Familien üblich ist, werden die Söhne mit ihrem Vater sicher weiterhin über die Inhalte der Social-Media-Kanäle sprechen“, so Kaufmann.

Nopper-Söhne sollen auf den Social-Media-Accounts mitgemischt haben

Im Rathaus heißt es, der Einfluss der „Nopper-Boys“ – wie sie im Rathaus genannt werden – auf die Inhalte der Plattformen sei deutlich spürbar gewesen. So habe das Duo etwa moniert, dass Nopper-kritische Kommentare von einem städtischen Mitarbeiter gelikt worden seien, und verlangt, die negative Bewertung umgehend rückgängig zu machen. Auch bei der Auswahl von Themen und Fotos hätten Franz-Ferdinand und Carl-Alexander Nopper „aktiv mitgemischt“ und „korrigierend eingegriffen“, wie Stadträte erfahren haben wollen.

Die beiden Brüder räumen auf Anfrage unserer Redaktion ein, in einem Fall den persönlichen Referenten des OB darüber informiert zu haben, dass von einem offiziellen städtischen Account ein kommunalpolitisch polarisierender Kommentar gelikt wurde: „Dies widerspricht den Grundsätzen der Einheit und Neutralität der Verwaltung.“ Im Übrigen verweisen sie auf die Stellungnahme der Stadt.

Kommunikationsexperte plädiert für „klare Trennlinie“

Experten, die sich wissenschaftlich oder publizistisch mit der Nutzung sozialer Netzwerke durch Politiker beschäftigen, sehen die Mitwirkung der OB-Söhne durchaus kritisch. „Die professionellste Lösung war das sicher nicht“, meint etwa Rafael Bauschke, Professor für politische Kommunikation an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg. Ein Oberbürgermeister sei immer gut beraten, zwischen Wahlkampf und Amtszeit eine klare Trennlinie zu ziehen. Rechtlich gesehen ist die Social-Media-Nutzung in öffentlichen Verwaltungen allerdings ein weißer Fleck: Das Regierungspräsidium Stuttgart teilte auf Anfrage mit, die Zugangsberechtigung zu offiziellen städtischen sozialen Netzwerken regele jede Kommune durch interne Dienstanweisungen selbst. Im vorliegenden Fall hatte der OB die Anweisung gegeben, seinen Söhnen den Zugang zu ermöglichen.

Wie macht das Boris Palmer?

Die Stuttgarter Social-Media-Expertin und Infodesignerin Daniela Vey, die Kommunen im Land bei ihren Online-Auftritten berät und darüber hinaus im „Staatsanzeiger“ in einer Kolumne den Akteuren in den Rathäusern regelmäßig Tipps für den Umgang mit den sozialen Netzwerken gibt, hält generell eine Mitwirkung von Familienangehörigen bei der Gestaltung von Facebook- oder Instagram-Seiten der öffentlichen Verwaltung „diplomatisch formuliert für nicht sehr glücklich“. Veys Rat: „Ein OB sollte seine Accounts am besten selbst bestücken.“

Womit wir beim Tübinger OB Boris Palmer wären: Der Grüne nutzt nach eigenen Angaben ausschließlich „den Account der öffentlichen Person Boris Palmer“ für seine – nicht immer unumstrittenen – Posts, aber keinen dienstlichen Kanal und wird bei der Pflege nur gelegentlich von der Tübinger Rathaus-Pressestelle unterstützt.

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