Die russische Komponistin Sofia Gubaidulina feiert am 24. Oktober ihren 90. Geburtstag.

Pinneberg - Passion und Apokalypse in einem Werk? Die russische Komponistin Sofia Gubaidulina hat das gewagt, und so dürfte ihre „Johannespassion“ vielen Besuchern des Großprojekts „Passion 2000“ der Internationalen Bachakademie in Stuttgart in Erinnerung geblieben sein: als polystilistische Vermählung von Religion und Musik, russisch-orthodoxem Kirchengesang und mächtigen Tonballungen, Trauer und Vision, Atonalität und schlichter Melodik. Dazwischen: ganz viel Stille.

 

Tiefe Religiosität

Die 1931 in der tatarischen Republik geborenen Sofia Gubaidulina ist tief religiös, und das hört man den meisten ihrer Werke an. Weil sie nach ihrem Studium bei einem Assistenten Dmitri Schostakowitschs in Moskau Mittel der westlichen Avantgarde benutzte, zählte sie in der Sowjetunion zu den unliebsamen Komponisten und musste sich mit Filmmusik ihren Lebensunterhalt verdienen.

Bekenntnis zur mitteleuropäischen Musiktradition

Musiker wie der Geiger Gidon Kremer haben ihre Musik im Westen bekannt gemacht. Seit 1992 lebt sie in Norddeutschland und ist mittlerweile eine der meistaufgeführten zeitgenössischen Komponistinnen. Gubaidulinas Werke sind nie überkomplex, sondern wollen verstanden werden. Sie sind klar, emotional, sie bekennen sich zur großen Musiktradition Mitteleuropas, haben aber auch das östliche Zeitverständnis tief verinnerlicht. Sie gehen nach innen. Denn: „Ich leide unter der Außenwelt. Das Leben ist sehr interessant, aber oberflächlich.“ An diesem Sonntag feiert Sofia Gubaidulina ihren 90. Geburtstag. Sie komponiert weiter; die Klänge und das Feuer gehen ihr nicht aus.