Der Sohn des Milliardenbetrügers Bernhard Madoff hat sich in seiner New Yorker Wohnung offenbar das Leben genommen.

New York - Mark Madoff hat sich in seinen letzten Stunden nicht lumpen lassen. 400 Dollar steckte er am Nachmittag des vergangenen Freitags den Parkwächtern zu, nachdem er seinen Land Rover in der Garage nahe seiner Luxuswohnung an der New Yorker Prominentenmeile Mercer Street abgegeben hatte. Es war ein großzügiges Weihnachtstrinkgeld, diskret versteckt in einer handgeschriebenen Grußkarte mit Pinguinmotiven. Dann nahm Madoff den Fahrstuhl in sein Loft. Er kam nie mehr wieder heraus.

Rund 16 Stunden später, am Samstagvormittag, fanden New Yorker Polizeibeamte den 46 Jahre alten Sohn des Milliardenbetrügers Bernhard Madoff von der Decke seines Wohnzimmers baumelnd vor. Er hatte sich mit einer Hundeleine an den stilgerecht offen liegenden Heizungsrohren des Apartments aufgehängt. Im Schlafzimmer schlummerte sein zwei Jahre alter Sohn, sein Hund bewachte die Leiche.

Mark hatte im legitimen Teil der Operation mitgearbeitet


Der Selbstmord des Madoff-Sohnes war das jüngste Kapitel einer nicht enden wollenden Tragödie, die auf den Tag genau seit zwei Jahren die New Yorker Gesellschaft in Atem hält. Damals hatte Bernhard Madoff, ein bis dahin angesehener Investmentberater in den gehobenen Kreisen der Stadt, gestanden, dass er über Jahrzehnte seine Kunden mit einem Schneeballsystem betrogen hatte. 65 Milliarden Dollar Schaden hatte Madoff den Investoren auf diese Weise zugefügt. Madoff Senior wurde verurteilt, er verbüßt derzeit eine Strafe von nominell 150 Jahren in einem Gefängnis in South Carolina. Doch der Fall ist damit lange nicht abgeschlossen. Noch immer versucht der Treuhänder Irving Picard zumindest einen Teil der einstigen Einlagen der Geschädigten für seine Klienten zurückzugewinnen. Dabei hatte Picard in letzter Zeit immer stärker auch die Madoff-Söhne Mark und Andrew ins Visier genommen.

Mark und Andrew hatten in der Firma ihres Vaters gearbeitet, allerdings im legitimen Teil der Operation, als gewöhnliche Aktienhändler. Von den Machenschaften ihres Vaters, das hatten sie immer wieder beteuert, wussten sie nichts. Picard beeindruckte das jedoch wenig. Selbst wenn sie nichts gewusst haben, hätten ihnen die exorbitanten Gewinnbeteiligungen merkwürdig vorkommen müssen, die ihr Vater jahrelang auszahlte, argumentierte Picard. 66Millionen Dollar hatte Mark kassiert. "Es hätte ihm auffallen müssen, dass diese Gewinne keine tatsächlichen Anlagetransaktionen reflektieren können", hieß es in der Anklageschrift, die Picard am Freitag bei der Staatsanwaltschaft einreichte.

Seit der Verhaftung stehen die Kinder unter Dauerbeschuss


Die Anklage war der Tropfen, der für Mark Madoff offenbar das Fass zum Überlaufen brachte. Er und seine ganze Familie, sein Bruder, seine Mutter, seine Kinder, waren seit der Verhaftung des Vaters unter Dauerbeschuss. Medienspekulationen, dass sie den Aussagen des Vaters zum Trotz an dem Betrug beteiligt waren, wollten nicht abreißen, ebenso wenig die Anfeindungen der Geschädigten. Mark Madoff habe unter "immensem Druck gestanden", sagte eine anonyme Quelle aus dem Umfeld der Familie der "New York Times" .

So ein tragisches Ende hatten sich indes nicht einmal die Madoff-Opfer gewünscht. Sie sei "zutiefst traurig über den Verlust eines Lebens", ließ etwa Ronnie Sue Ambrosio, die ihr Vermögen bei Madoff verloren hatte, am Wochenende wissen. Traurig, so Ambrosio, sei sie allerdings nicht alleine aus Mitgefühl für die zerstörte Familie Madoff. "Das Schlimmste ist, dass es jetzt eine Möglichkeit weniger gibt, herauszufinden, was wirklich passiert ist."