Dunkle Verhörräume, kahle Betonwände und strenge Kommissare prägen das Bild am Set der SOKO Stuttgart. Was vom ersten „Achtung, wir drehen!“ bis zum erlösenden „Danke, wir sind durch!“ hinter den Kulissen passiert, zeigt ein Tag am Set.

Bad Cannstatt - „Woher haben Sie diese Pistole?“ Mit einem eindringlichen Blick fixiert Martina Seiffert (Astrid M. Fünderich) den Verdächtigen Rocky Hofer (Adam Bousdoukos), der am anderen Ende des Tisches sitzt. Das Licht im Verhörraum ist gedämmt, lediglich eine kleine Lampe spendet etwas Helligkeit. Joachim Stoll (Peter Ketnath) lehnt an der Heizung und richtet den Blick ebenfalls auf den Verdächtigen. Hofer sitzt breitbeinig auf seinem Stuhl, im düsteren Licht erkennt man schemenhaft einen spöttischen Ausdruck auf seinem Gesicht. Er wird sich unschuldig geben, behaupten, das Opfer lange nicht gesehen zu haben. Ob er wirklich für dessen Tod verantwortlich ist, weiß bisher nur er – und 20 weitere Personen, die hinter den Kulissen der SOKO Stuttgart operieren.

 

„Danke!“, ruft es aus dem Flur, und die Gesichtszüge der Schauspieler entspannen sich: Regisseur Rainer Matsutani hat die Szene abgesegnet. Die letzten Minuten hat er gebannt auf den Bildschirm eines kleinen Fernsehers gestarrt, der provisorisch auf einem Klapptisch im Flur montiert ist. Nun steht er auf und dreht sich zu seinem Team um. „Das ist wahrscheinlich die beste SOKO-Szene, die wir je gedreht haben“, lobt er und geht dann ins Verhörzimmer, in dem neben den Darstellern auch Kameramänner, Lichttechniker und die Regie-Assistenz versammelt sind und Details der eben gedrehten Szene besprechen.

Eine Stunde Dreharbeit ergibt eine Filmminute

Es ist kalt im Römerkastell Bad Cannstatt, wo aktuell die vierte Staffel der ZDF-Serie gedreht wird. Die Ausstattung in diesem Teil des Sets ist rar: Polizeiplakate hängen an den kahlen Betonwänden, eine kleine Vitrine informiert über die Folgen des Drogenmissbrauchs. Außer dem Teamequipment erinnert nichts daran, dass man sich gerade lediglich an einem Filmset befindet und nicht in einem wirklichen Polizeirevier. Die Crew sitzt vor dem kleinen Bildschirm, beobachtet das Geschehen im Drehraum, unterhält sich, macht Scherze. Dann das Signal: „Achtung, wir drehen!“ ruft Aufnahmeleiterin Jasmin Riedel, die, wie viele im Team, in eine dicke Fleecejacke gehüllt ist. Konzentriert vermittelt sie zwischen den Akteuren im Verhörraum und der Regie im Flur und sorgt dafür, dass die Dreharbeiten reibungslos ablaufen. Und tatsächlich ist sofort alles still. Einige Sekunden lang spricht keiner ein Wort, Matsutani starrt auf den kleinen Bildschirm, dann wieder: „Danke! Sehr schön!“ Die Szene ist im Kasten. Eine Stunde Dreh für eine Minute Film, so lautet hier die Gleichung.

Die Tür des Verhörraumes geht auf und Astrid M. Fünderich betritt den Flur. Sie trägt einen lila Blazer über einer hellblauen Bluse und eine dunkle Stoffhose, ein typisches Outfit der seriösen Kommissarin. „Ich habe etwas im Auge!“, klagt sie und die Damen aus der Maske kümmern sich sofort darum. Das ist der Vorteil daran, dass alle hier versammelt sind: Geht irgendetwas schief, ist es oft mindestens genauso schnell wieder behoben. Währenddessen scherzt Peter Ketnath, der entsprechend seiner Rolle wesentlich lässiger gekleidet ist als seine Kollegin, mit dem Regisseur herum. Gastdarsteller Adam Bousdoukos nutzt die kurze Pause, um sich den Rauchern im Hof anzuschließen. Mit den schwarzen Locken und der Lederjacke strahlt er tatsächlich den zwielichtigen Charme eines Rabauken aus. „Das ist nicht meine erste Rolle als Bösewicht“, bestätigt er. „Dabei bin ich eigentlich ein ganz Netter“.

Bousdoukos, der aus Filmen wie „Soul Kitchen“ von Fatih Akin bekannt ist, gehört nicht zum traditionellen Team der SOKO Stuttgart. Dass er für einen Gastauftritt in die Landeshauptstadt gekommen ist, liege am hohen Anspruch der Serie, wie er erzählt: „Die Leute im Hintergrund leisten hervorragende Arbeit. Das ist eine gute Basis für eine so qualitativ anspruchsvolle Serie wie die SOKO Stuttgart“. Aber auch mit den Schauspielern selbst pflegt Bousdoukos ein gutes Verhältnis: „In den Pausen kommt man dann schon einmal dazu, sich privat zu unterhalten. Die Darsteller sind Vollprofis. Ich fühle mich hier gut aufgehoben“.

Der Drehschluss ist mehr ein Richtwert

Ortswechsel. Der Tod ist allgegenwärtig am Arbeitsplatz der Gerichtsmediziner. Kühlregale an der Wand beherbergen Leichen, auf einem Regal stehen Gläser, in denen Organe in einer gelblichen Flüssigkeit schwimmen. Auf dem großen Sektionstisch in der Mitte des Raumes liegt der tote Körper des Opfers zur Obduktion bereit. Das Produktionsteam ist in die Umkleidekabine nebenan gewechselt. Während Peter Ketnath und seine Schauspielkolleginnen die nächste Szene abdrehen, bekommt die SOKO erneut prominenten Besuch: Caroline Beil spielt die Ehefrau des Opfers und muss für die Folge „Jos Baby“ ihren toten Ehemann identifizieren. Bevor sie die Gerichtsmedizin betritt, legt sie ihre hellblaue Daunenjacke ab und schlüpft in schwarze Pumps, die schon für sie bereitstehen. Dann ist sie drehfertig.

Die Tagesdisposition, in der sämtliche wichtige Informationen des Drehtages tabellarisch zusammengefasst sind, kündigt 19.30 Uhr als Drehschluss an. Trotz fortgeschrittener Uhrzeit wird es jedoch nicht das letzte Bild sein, dass das Produktionsteam um Rainer Matsutani und Jasmin Riedel heute abdreht. Der Drehschluss ist mehr ein Richtwert – die Lichter und Kameras gehen erst aus, wenn die letzte Szene zur Zufriedenheit des Regisseurs im Kasten ist. Die Zeit drängt, Jasmin Riedel ruft erneut „Achtung, wir drehen!“. Sofort kehrt Stille ein.

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Serie Seit 2009 ermitteln die Kommissare der SOKO Stuttgart im ZDF. Wie jede Staffel hat die aktuelle 25 Folgen. Neben Adam Bousdoukos und Caroline Beil übernehmen immer wieder Gaststars Rollen in der Serie, so zum Beispiel Box-Weltmeisterin Regina Halmich oder Schauspieler Wayne Carpendale.