Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer rühmt sich damit, dass er bundesweit der erste war. Doch nicht nur Tübingen hat die Solarpflicht für Neubauten – in Waiblingen wurde sie vor Jahren eingeführt.

Waiblingen - Was Tübingen kann, macht Waiblingen schon lange. „Als erste Kommune in Deutschland hat Tübingen eine Solarpflicht für praktisch alle neuen Bauvorhaben beschlossen“, verkündete Boris Palmer (Grüne) vor Kurzem auf Facebook und verwies auf den Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats. Tatsächlich ist solch ein Grundsatzbeschluss für Solardächer außergewöhnlich und die Auflage für Bauherren in Sachen Klimaschutz vorbildlich, aber Ähnliches macht Waiblingen schon seit mehr als zehn Jahren. „Auch bei uns gibt es eine Solarpflicht“, sagt die Waiblinger Baubürgermeisterin Birgit Priebe. Bei Neubauten müsse die Hälfte der Dachfläche mit Solaranlagen bestückt werden. Im Stadtentwicklungsplan habe Waiblingen bereits 2006 festgezurrt, den Anteil regenerativer Energien deutlich auszubauen: Von 2005 bis 2030 sollen die CO2- Emissionen halbiert werden.

 

Priebe hat aufmerksam verfolgt, wie öffentlichkeitswirksam Palmer verbreitet, dass Tübingen bei den Solardächern Vorreiter sei. „Wir tun Gutes und reden nicht darüber“, sagt die Baubürgermeisterin. Das erste Baugebiet, bei dem die Solarpflicht gegriffen habe, sei 2008 das Wohngebiet Bäumlesäcker gewesen. Genauso wie Tübingen schreibt Waiblingen die Solarpflicht in Grundstückskaufverträgen oder in städtebaulichen Verträgen vor. Einen gesonderten Gemeinderatsbeschluss zur Verpflichtung aufs Prinzip Solar gibt es nicht. Die Stadt leitet die ökologische Auflage vom Stadtentwicklungsplan ab.

Selbst in Bebauungsplänen sind Solaranlagen festgeschrieben

Was Tübingen vermeiden will, ist in Waiblingen gelungen: Selbst in Bebauungsplänen sind Solaranlagen festgeschrieben. „Wir haben das rund zwei Dutzend Mal gewagt“, sagt Priebe, „wohl wissend, dass dies rechtlich nicht durchgestritten ist.“ Bisher habe man gute Erfahrungen damit gemacht. Rund 160 Wohneinheiten baut Waiblingen im Schnitt im Jahr, da ist folglich im letzten Jahrzehnt einiges an Solartechnik auf die Dächer montiert worden. Waiblingen stellt es im Gegensatz zu Tübingen den Bauherren frei, ob sie thermische Anlagen zur Wärmegewinnung oder eben Fotovoltaikanlagen – wie in der Unistadt vorgeschrieben – installieren.

Die Pflicht stößt nicht überall auf Zustimmung. Da werde über höhere Kosten gestöhnt, sagt Priebe. Andere fänden die Anlagen aus ästhetischen Gründen nicht gut. „Wirtschaftlich amortisiert sich das Ganze“, versichert Priebe, die Module seien günstig, die Technik sei ausgereift und der Strom zur Eigennutzung der billigste, den man bekommen könne. Die Baubürgermeisterin steht hinter der Pflicht zum Klimaschutz – eines ist ihr allerdings auch klar geworden: „Ich habe gelernt, dass die Stadt mit dem, was sie tut, mehr in die Öffentlichkeit gehen muss.“ Auch Boris Palmer hat dazugelernt. Es sei ihm neu, dass Waiblingen die Sonnenenergie so intensiv nutze. Es interessiere ihn sehr, wie das praktisch umgesetzt werde.