Der Cheflobbyist der Solarbranche im Land eckt mit einer Empfehlung zur Bundestagswahl an – und rudert promot zurück. Seine Kritik an Überlegungen der CDU zur Energiepolitik teilt das grüne Umweltressort aber.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es war eine ziemlich zuversichtliche Mail, mit der sich der Geschäftsführer des Solarclusters Baden-Württemberg unlängst an die Mitglieder wandte. Die Stimmung in der Solarbranche habe sich „ein wenig aufgehellt“, schrieb Carsten Tschamber. International liefen die Geschäfte ohnehin gut, in Deutschland und Europa komme man allmählich aus dem Tief heraus. Beim jüngsten Branchentreff sei „zumindest gefühlt weniger gejammert“ worden als in den Jahren zuvor.

 

Nur in einem Punkt stimmte Tschamber selbst eine Klage an. Zum Optimismus passe schlecht, was dieser Tage aus CDU und CSU gesickert sei. Die Union denke darüber nach, die Förderung von erneuerbaren Energien rasch zu beenden, meldete ein Nachrichtenmagazin. Wind-, Solar- und Biogasanlagen müssten künftig „finanziell auf eigenen Beinen stehen“, zum Ende der nächsten Legislaturperiode könnten die EEG-Zuschüsse auslaufen. So stehe es in einem Expertenpapier mit Blick auf die Bundestagswahl – Überlegungen, die die CDU-Abgeordneten Joachim Pfeiffer und Thomas Bareiß im Kern bestätigten. Entschieden sei aber noch nichts. Der Solar-Lobbyist Tschamber machte sich seinen eigenen Reim darauf, kurz und knackig: Es sei „natürlich auch niemand gezwungen, im Herbst 2017 die Union zu wählen“.

Beschwerde aus dem Kreis der Mitglieder

Einerseits ist es wenig verwunderlich, dass die Aussicht auf einen Förderstopp die Unternehmen beunruhigt; sie profitieren schließlich vom geltenden Gesetz. Aber soll man deswegen gleich von der Wahl der CDU abraten? Mindestens bei einem Adressaten kam das gar nicht gut an: dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und seinem Geschäftsführer Tobias Bringmann. Eine solche „politische Äußerung“ sei nicht Aufgabe des Solarclusters, schrieb er an Tschamber. „Ihre persönliche Meinung dazu ist (…) ebenso wenig gefragt wie die meine.“ Gerade von einem Verein, der sich in hohem Maß aus öffentlichen Mitteln finanziere, stehe eine „klare Zurückhaltung“ gut an. Dann werde auch nicht mehr die „wichtige Sacharbeit“ belastet, verblieb Bringmann – vor seinem Job bei der Stadtwerke-Lobby übrigens einige Jahre Sprecher der Südwest-CDU.

Tschamber lenkte umgehend ein. Seine Bemerkung sei „nicht als Wahlempfehlung gemeint“ gewesen, erwiderte er. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, würde er das bedauern. Natürlich agiere der Verein politisch, sagte er, aber parteipolitisch sei man „zur Neutralität verpflichtet“.

Umweltministerium teilt die Kritik

Für das Umweltministerium von Franz Untersteller, welches das Solarcluster über fünf Jahre zu gut zwei Dritteln mit bis zu einer knappen Million Euro finanziert, ist der Fall damit erledigt. Man müsse sich nicht mehr dazu äußern, weil die Dinge ja bereits geklärt seien, meinte ein Sprecher. Einen Rüffel erspart das Grünen-Ressort dem Geschäftsführer vielleicht auch deshalb, weil es in der Sache ganz seiner Meinung ist. Die CDU-Überlegungen hatte Untersteller ebenso kritisch kommentiert wie Tschamber: In Zukunft benötige man nicht weniger, sondern mehr erneuerbare Energien. „Wer jetzt ihre Förderung in Frage stellt, beweist damit, dass er von verantwortungsvoller Energie- und Klimapolitik nichts versteht.“

Weitgehend unstrittig dürfte der Appell sein, den Tschamber den Sonnenfreunden für das nächste Jahr mitgab. „Nicht nur jammern und auf die Politik schimpfen“, schrieb er in seinem Newsletter, sondern: „Machen. Überzeugen. Verkaufen.“