Die Bund-Länder-Verhandlungen über das künftige Finanzgeflecht treten auf der Stelle. Baden-Württemberg legt nun ein Konzept vor und pocht weiter auf den Erhalt des „Soli“ und eine Beteiligung der Länder am Milliarden-Aufkommen. Was die Unionsspitze aber ablehnt.

Berlin - Baden-Württemberg will die völlig festgefahrenen Verhandlungen von Bund und Ländern über eine Neuordnung der Finanzbeziehungen mit einem „echten Konsensvorschlag“ vorantreiben. Er sieht unterm Strich finanzielle Entlastungen für alle Länder zulasten des Bundes vor. Kern des am Donnerstag in Berlin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vorgelegten Konzepts ist der Erhalt des Solidaritätszuschlages und eine Beteiligung der Länder an dem Milliarden-Aufkommen nach dem Jahr 2019.

 

Dies fordern auch fast alle anderen Länder. Im Gegenzug zur Integration des „Soli“ in die Einkommen- und Körperschaftsteuer schlagen Kretschmann und sein Finanzminister Nils Schmid (SPD) vor, die Steuerzahler um rund 2,5 Milliarden Euro jährlich zu entlasten. Damit geht die grün-rote Regierung auf Konfrontationskurs zur Union.

Zuspruch kam von den rot-grünen Landesregierungen in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, ebenso aus Schleswig-Holstein (SPD, Grüne und SSW). Kritik übte der rot-grüne Senat in Bremen, Bayern äußerte sich nicht. Hessen will das Konzept aus Stuttgart „in Ruhe prüfen“.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer lehnen eine Integration des „Soli“ ab und streben ein Abschmelzen zwischen 2020 und 2030 ab. Sie befürchten unter anderem Steuererhöhungen. „Wer den Soli abschmelzen will, der muss sicherstellen, dass auf anderem Wege ausreichend Mittel auf die Länder umgeschichtet werden können“, sagte Kretschmann dazu.

Aus Sicht von Schmid ist eine Integration des „Soli“ ohne eine Mehrbelastung für Steuerzahler möglich. Gemessen am „Soli“-Aufkommen von 2013 von 14,4 Milliarden Euro würden rund 2,5 Milliarden Euro den Steuerzahlern zu Gute kommen. 8,2 Milliarden würden an Länder und Kommunen fließen und 3,7 Milliarden an den Bund.

Dreyer sieht "gute Ansatzpunkte"

Sollte eine Integration des „Soli“ nicht erreicht werden und der Bund darauf beharren, das Aufkommen komplett für sich zu behalten, sollten die Länder in entsprechendem Umfang durch höhere Anteile aus den Umsatzsteuer-Einnahmen entlastet werden. Geberländer wie Baden-Württemberg, Hessen und Bayern würden um jährlich 800 Million Euro entlastet. Dazu soll die Spitzenbelastung gesenkt werden. Zugleich sollen Aufgaben stärker entflochten werden.

Schließlich sollen Zinshilfen für die hoch verschuldeten Länder Bremen und Saarland fortgeschrieben werden. Die Ost-Länder und Berlin würden durch Sondermittel unterstützt. Gedeckelt werden soll der „Umsatzsteuervorwegausgleich“ bei 7,5 Prozent - wovon etwa Nordrhein-Westfalen profitieren würde. Unterm Strich stünden alle Länder besser da, sagte Kretschmann.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sieht „gute Ansatzpunkte“. Die Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft sei leider nicht enthalten. Aus Sicht der schleswig-holsteinischen Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) liegt erstmals ein komplett durchgerechneter Vorschlag vor. Zu kurz gesprungen sei er bei den Altschulden. Die Bremer Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) nannte den Vorschlag unausgewogen. Er benachteilige ärmere Länder.

Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) erklärte: „Gut ist (...) sicherlich, jetzt Vorschläge zu diskutieren, die nicht mehr Extrempositionen markieren, sondern auch mögliche Einigungen im Blick haben.“ Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) erwartet noch intensive Gespräche über die Details.