Die Reise durch den Olymp beginnt in der Forschungsabteilung, führt ins Labor, in die Logistikabteilung, und schließlich in den Showroom, wo die Kollektionen des kommenden Jahres ausgebreitet liegt. Die Teilnehmer der StZ-Sommerferienaktion staunen am Ende der Führung durch die Textilfirma Olymp nicht schlecht wie viel Handarbeit in einem guten Oberhemd steckt.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Bietigheim-Bissingen - Die meisten schauen einem Mann in die Augen, wenn sie ihm das erste Mal die Hand zum Gruß reichen – oder knapp drüber hinweg, wenn sie den direkten Blick scheuen. Marc Fritz schaut den Männern stets auf die Brust, und wird er nicht fündig, so scannt er die Ärmelmanschette ab. Sein Blick sucht das kleine runde Logo der Hemdenfirma Olymp. „Ich kann nicht anders“, sagt der Marketing-Mann von Olymp, das sei so eine Art „déformation professionelle“. Fritz führte die 25 Teilnehmer der StZ-Sommerferienaktion durch die Abteilungen der Firma in Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg). Deren Interesse an dem Hemdenhersteller war recht unterschiedlicher Natur – mancher späht einfach gerne hinter Kulissen, mancher ist seit Jahrzehnten in Olymp-Hemden zu Hause, und mancher wünschte sich einfach ein paar praktische Tipps für ein bügelfreies Dasein. Auf seine Kosten kam jeder.

 

Schick in Fallschirmseide

Die Reise durch den Olymp beginnt in der Forschungsabteilung, führt ins Waschlabor, in die Logistikabteilung und schließlich in den Showroom, wo in vornehmer Stille gerade ein Kunde aus Skandinavien die ausgebreiteten Kollektionen des kommenden Jahres in Augenschein nimmt. So viel sei über die Kollektion 2017 verraten: Vichy-Karo ist auch nächstes Frühjahr noch up to date. Die feinen Stöffle aus Schwaben sind ein Exportschlager, gut ein Drittel der Produktion geht ins Ausland, hauptsächlich zu europäischen Nachbarn. Denn Olymp-Hemden sind internationale Businessklasse.

Das liegt auch an der eher verhaltenen Modeattitüde des Labels. „Wir machen nicht jeden Modezirkus mit“, erklärt Fritz. Man kreiere keinen eigenen Stil, sondern springe auf Trends auf, die mit der Zielgruppe vereinbar scheinen. Den Unberechenbarkeiten der Mode sei man dennoch manchmal ausgeliefert, sagt Fritz. „Wenn Günther Jauch eines Abends im rosafarbenen Hemd moderiert, dann laufen hier am nächsten Tag die Drähte heiß.“

Modische Extravaganz war noch nie die Sache der Bietigheimer Hemdenschneider. Gegründet würde das Unternehmen im Jahr 1951 von Eugen Bezner. Nach seiner Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft begann er in der Waschküche seines Wohnhauses in Bietigheim mit der Produktion von Herrenoberhemden, die zunächst noch aus Mangel an Alternativen aus Militärstoffen und Fallschirmseide gefertigt wurden. Das Geschäft lief. Die Kundschaft schätzte die Haltbarkeit der Hemden. Aus diesem Grund übrigens beliefert Olymp noch heute Polizei und Feuerwehren. Bezner musste bald immer weitere Näherinnen einstellen und die Produktionsstätte in Großingersheim im Kreis Ludwigsburg kontinuierlich erweitern. Als Bezeichnung der Marke wählte er den Namen „Olymp“, die Heimstätte der griechischen Götter. Drunter wollt er es nicht machen.

Frauen in Chefsesseln

Einer der Teilnehmer lässt seinen Blick durch die Entwicklungsabteilung schweifen und stellt fest: „Hier arbeiten ja nur Frauen.“ Er selbst komme aus der Maschinenbaubranche, „bei uns diskutieren sie über eine Frauenquote“. Marketing-Mann Fritz schätzt, dass etwa 70 Prozent der deutschlandweit 760 Beschäftigten bei Olymp Frauen sind. „Und diese Quote zieht sich durch bis in die Chefetage!“

Die Exkursionsteilnehmer sind überrascht, wie viel Handarbeit noch heute in einem exklusiven Hemd steckt. „80 Prozent der Arbeitsschritte sind von Hand“, sagt Fritz. Die Webeinlagen für Kragen und Manschetten beispielsweise werden einzeln zurechtgeschnitten, eingepasst, angeheftet, zusammengenäht. „Es werden immer das Auge und die zehn Finger gebraucht werden, wenn man gute Qualität herstellen will“, ist Corina Fiedler, die Leiterin der Entwicklungsabteilung, überzeugt.

Allerdings benötigt auch gute Qualität einen pfleglichen Umgang. Ein paar Tipps für ein knitterfreies Leben gibt Marc Fritz im Labor, wo die Hemdenstoffe unter anderem auf Reißfestigkeit, Faltenbildung, Farbechtheit geprüft werden: flüssiges Waschmittel verwenden. Je nach Hemdfarbe Weiß- oder Buntwaschmittel in die Maschine geben. Maximal fünf Hemden in die Trommel packen. Mit möglichst wenigen Umdrehungen schleudern und nass-feucht auf einem Bügel trocknen lassen.

Die viele Handarbeit bei der Hemdenherstellung wird freilich nicht in Deutschland verrichtet, das einzelne Hemd würde zu teuer. „Wir haben drei Partner in Kroatien und Mazedonien und vier in Asien – zum Teil seit mehr als 40 Jahren“, erläutert Marc Fritz. Die Arbeiter dort würden angemessen bezahlt, Sicherheit und ärztliche Versorgung seien gewährleistet. Die Einhaltung von Sozialstandards liege der Firma am Herzen und würde regelmäßig von unabhängigen Institutionen kontrolliert.

Das familiengeführte Inhaberunternehmen hat ebenso in der jüngeren Vergangenheit bewiesen, dass man mit Textilien auch dann unerhört erfolgreich sein kann, wenn man auf ein Preisdumping verzichtet, das Arbeitern am anderen Ende der Welt das Leben zur Hölle macht. In den vergangenen 15 Jahren ist der Umsatz rasant gestiegen. Vorausgegangen waren der steilen Entwicklung eine grundlegende Modernisierung der Kollektion der Marke samt ihrem Logo: Anstatt des griechischen Buchstaben Omega zierten von da an Brust oder Manschette ein modernes, stilisiertes „O“. Auch wurde das alte Firmengebäude abgerissen und durch ein neues ersetzt. In den Folgejahren wurde der Neubau sukzessive erweitert – im vergangenen Jahr sind wieder einmal 3000 Quadratmeter neu dazugekommen.