Die Finanzkrise zwingt Schorndorf zur Neuausrichtung. Der Oberbürgermeister appelliert beim Sommerempfang an die Tatkraft der Stadtgesellschaft.
Die Abendsonne schenkt dem Ziegeleiseebad in Schorndorf ein Licht wie aus dem Urlaubskatalog. Mediterrane Atmosphäre, ein Hauch von Leichtigkeit liegt in der Luft – zumindest vordergründig. Denn während die Gäste mit kühlen Getränken anstoßen und das Wasser im Naturseebecken verführerisch glitzert, spricht Oberbürgermeister Bernd Hornikel ein Verbot aus, das sinnbildlicher kaum sein könnte: „Baden ist leider nicht erlaubt.“
Auch sonst bleibt der Sprung ins Unbekümmerte aus. Denn Hornikels Rede beim Sommerempfang der Stadt greift ein schmerzliches Thema auf: Der Haushaltsplan wurden vom Regierungspräsidium gestoppt. Der Grund? Zu viele Schulden. 20 Millionen Euro müssen nun an Krediten gestrichen, sechs weitere Millionen Euro dauerhaft im laufenden Etat eingespart werden, so die Auflage der Aufsichtsbehörde. Schorndorf muss kürzen – drastisch, dauerhaft, schmerzhaft.
Schorndorf kürzt: Kultur und Ehrenamt unter Druck
„Jetzt geht es ans Eingemachte“, sagt Hornikel. „Wir sparen seit Jahren. Doch jetzt tut es richtig weh.“ Denn betroffen sind nicht mehr nur technische Details oder optimierbare Verwaltungsabläufe, sondern zentrale Bereiche des öffentlichen Lebens: Kultur, Ehrenamt, Kinderbetreuung, Freizeitangebote. „Das, was unsere Stadt ausmacht“, wie Hornikel sagt
Der Bau der Kita in Weiler wird auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Sanierung des Stadtmuseums – mit 2,95 Millionen Euro veranschlagt – ist komplett gestrichen. Radwege, Spielplätze, Straßensanierungen, die VHS, das Stadtbild: Überall wird gekürzt oder aufgeschoben. Der Umbau der alten Bücherei zur Volkshochschule – verschoben. Die Erschließung des Bauhofgeländes für die Internationale Bauausstellung (IBA) – vertagt. Nicht gestrichen werden die Altlasten im Boden, mit denen sich die Stadt ohnehin noch herumschlagen muss.
Solidarität in Schorndorf: Gemeinsam stark trotz Sparzwang
Doch so sehr die Zahlen drücken, Hornikels Ton bleibt konstruktiv. Seine Rede ist kein Klagelied, sondern ein Appell. Ein Appell an das, was Schorndorf nach der Flutkatastrophe vor einem Jahr zusammengehalten hat: Solidarität. „Obwohl für viele im Moment des ersten Schocks die Lage aussichtslos erschien, entstand eine Welle der Hilfsbereitschaft und des gemeinschaftlichen Trotzes“, erinnert er.
Dieser Geist sei jetzt wieder gefragt – in der Kommunalpolitik, in der Verwaltung, vor allem aber in der Stadtgesellschaft. Denn die Kommune allein könne die Lücken nicht mehr schließen, die durch die chronische Unterfinanzierung entstünden. „Wer bestellt, der bezahlt“, fordert Hornikel mit Blick auf Land und Bund – doch bezahlt werde längst nicht mehr alles, was an Aufgaben von oben kommt.
Lichtblicke in Schorndorf: Investitionen in Bildung und Gemeinschaft
Trotz allem gibt es Lichtblicke. Wie Hornikel mitteilt, investiert die Palm-Stiftung mit dem Projekt „Wortreich“ eine Million Euro in frühkindliche Sprachförderung. Oder das Bündnis Paulushaus in Miedelsbach, das mit Spenden von mehr als 100 000 Euro einen Ort der Begegnung schaffen will – selbstverwaltet, offen, generationenübergreifend. Dass sich die Stadt um das Gebäude kümmert ist umstritten. Doch für Hornikel ist klar: „Wer sich für Schorndorf einsetzt, den lassen wir nicht hängen.“
Auch das Ehrenamt kommt nicht zu kurz. Die SchoWo, organisiert von der Gemeinschaft Schorndorfer Vereine stehe für ein gelebtes Miteinander. Und auch wenn das Stadtfest künftig vielleicht anders aussehen müsse – das Engagement dahinter soll weiter unterstützt werden. Es gehe nicht um das Ob, sondern um das Wie, so Hornikel.
Krise als Chance: Schorndorf sucht kreative Lösungen
So wird die Krise zur Chance. „In jeder Krise steckt nicht nur Gefahr, sondern auch Gelegenheit“, zitiert Hornikel John F. Kennedy. Wer Ideen hat, wer Zeit und Energie investieren möchte, sei willkommen. Gerade jetzt brauche die Stadt kreative Köpfe, neue Ansätze, Mut zur Veränderung.
Am Ende bleibt ein Bild: ein Abend in mediterranem Licht, getragen von der Wärme der Gemeinschaft, die dem kühlen Ernst der Realität trotzt. Schorndorf wird sparen müssen. Doch es wird nicht am Zusammenhalt gespart. Und vielleicht ist das die wichtigste Botschaft dieses Sommerabends.