Der Kinder- und Jugendchor belcanto Stuttgart gibt ein Sommerkonzert in der Versöhnungskirche. Es begann mit Jubel, und es endete im Jubel.

Stuttgart-Degerloch - Es begann mit Jubel, und es endete im Jubel. Zum Sommerkonzert hatte der Kinder- und Jugendchor belcanto Stuttgart am Sonntagnachmittag in die Degerlocher Versöhnungskirche eingeladen. „Wir feiern ein Fest der Freude“ hieß der Titel – benannt nach dem ersten Stück, einer Bearbeitung von Marc-Antoine Charpentiers barocker Te-Deum-Fanfare, die als „Eurovisions-Hymne“ in aller Ohren ist.

 

Seit 2011 leitet die Sopranistin Gudrun Kohlruss den halbprofessionellen Chor, der vor 20 Jahren aus einer Elterninitiative hervorging und in der Villa der Degerlocher Karl-Schubert-Schule probt. Die für ihr Faible zur Operette und zur italienischen Musik bekannte Sängerin hat eine eigene Methode ganzheitlichen Singens entwickelt, die auf funktionalem Stimmtraining, Atemtechnik und Bewusstseinslehre fußt. Auch auf Konzertreisen wird den Kindern und Jugendlichen Musik als Erlebnis von Gemeinschaft vermittelt.

Lebendig und präzise

Eigentlich traten, fein begleitet vom Pianisten Andreas Kersten, drei bis fünf Teilchöre vor das Publikum auf den recht gut besetzten Bänken in der Kirche an der Waldau: Da waren die ganz Kleinen vom Vorschulalter an, dann ein Aufbauchor, der Konzertchor mit einem Solisten-Ensemble und schließlich die Männerstimmen mit jungen Erwachsenen als Fundament für einen vollen Chorklang.

Lange verpönte Volkslieder

Die Älteren führten das französisch angehauchte Barocke mit „Audite silete“ von Michael Praetorius fort, teils auch, sehr souverän, im a cappella. Dann kam ein Sprung in die Romantik mit zwei ausgesprochen klangschönen Liedern von Johannes Brahms, die besonders beim barfüßigen „Feinsliebchen“ auch rhythmisch sehr lebendig und präzise ausgearbeitet waren. „Wandrers Nachtlied“ von Goethe ist oft vertont worden. Die ganz innig und melancholisch dargebotene Fassung des Romantikers Moritz Hauptmann ist keine der Schlechtesten.

Rauschender Abschlussapplaus

Volkslieder waren viel zu lange verpönt, auch die zu Volksliedern gewordenen Chorsätze von Friedrich Silcher. Nicht nur an der „Loreley“ nach Heine zeigte Gudrun Kohlruss mit ihren jungen Sängern, wie damit das Wesentliche des Singens in all seiner Intensität erfasst und ausgedrückt werden kann: das Sprechen und Erzählen mit Tönen, laut und leise, Steigerungen, Klingen und Verklingen. Das ist auch bei modernerer Musik nicht anders. Da gab es frische, kindgerechte, lustige Stücke, unter anderem vom Stuttgarter Komponisten Peter Schindler („Der Schiefgehtag“), zu denen dann auch geklatscht werden kann.

Besonders schön auch in der ausgefeilten Dynamik waren drei Lieder von Antonin Dvorák, darunter das himmlisch sachte „Wiegenlied“. Belcanto kann aber auch fetzig, etwa mit „I Will Follow Him“ aus dem Musical „Sister Act“, dessen Rückungen für die fünf Solistinnen samt einem Jungen gar nicht so leicht sauber zu treffen waren.

Rauschender Abschlussapplaus

Und dann kam der Swing mit einem Medley von Melodien George Gershwins, bei denen es natürlich ganz besonders auf „the Rhythm“ ankommt, aber auch auf Sprache und feine Färbungen der Harmonie. Das klang nicht nur klasse, sondern fand auch großen Anklang in einem rauschenden Schlussapplaus. Woraufhin Gudrun Kohlruss als Zugabe den Jubel von Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ nach Schillers berauschter Ode anstimmte. Damit hatte der Chor bei seiner Reise im Mai nach Moskau immer seine Auftritte gekrönt. Da kamen schöne Erinnerungen hoch. Die fröhlich festliche Stimmung trug man dann hinaus vor das Portal der Versöhnungskirche, zu einem kleinen Ständerling in lauer Sommerabendluft.