Zwei Freunde sind dabei, die Trüffelkultur in Deutschland wiederzubeleben. Sie haben eine Pilzzucht begonnen und sind optimistisch.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Bodman - Heißt es jetzt der oder die Trüffel? „Wir sagen die Trüffel, der Duden erlaubt aber auch die männliche Form“, sagt Ulrich Stobbe (35). Nächste Frage – der Diplomforstwirt und sein Freund Ludger Sproll (52), halten sich nicht lange mit dem Geschlecht des Wortes auf. Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Schlauchpilz im Boden, der als begehrte Delikatesse aus Italien oder Frankreich in Restaurants serviert wird, in die sich der Normalverdiener nicht traut.

 

Bei einem Kilopreis von bis zu 12 000 Euro für Alba- oder Perigord-Trüffeln machen schon ein paar geraspelte Späne auf dem Salat oder in der Bratensoße das Menü rasch unerschwinglich. Trüffel sind daher lange eine exklusive Angelegenheit gewesen, doch das ändert sich seit einigen Jahren. Und Stobbe und Sproll sind daran nicht unschuldig.

Deutschland importiert jährlich 60 Tonnen Trüffel

„Die Trüffel kommt“, sind die beiden Freunde überzeugt. „Jedes Jahr werden sechzig Tonnen aus dem Ausland importiert“, rechnet Sproll vor. „Dabei wäre das gar nicht nötig. Es gibt in Deutschland jede Menge von Trüffeln.“ Deutschland sei früher, wohl im 19. Jahrhundert, ein Trüffel-Exportland gewesen, die Weltkriege seien die Ursache dafür, dass die Trüffelkultur verlorengegangen sei. „Wir wollen sie wiederbeleben“. Ludger Sproll hat vor zehn Jahren eine Trüffelhündin in Italien gekauft, eine sogenannte Bracke. Nur Hunde sind als Trüffelsucher geeignet, Schweine fressen die Knollen auf. Sproll hat seine Diana zuhause im Wald trainiert. Und er hatte so eine Ahnung, wo auch hierzulande die edlen Knollen in der Erde wachsen könnten. „Drei Trüffel habe ich ihr zum Suchen ausgelegt“, erinnert sich Sproll, „vier hat sie gebracht.“ Das war sozusagen der Urknall. Doch Trüffel suchen ist in Deutschland verboten. Nur für wissenschaftliche Forschungszwecke bekamen Stobbe und Sproll. eine Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg. Und was die Wissenschaftler von den Funden nicht brauchen, dürfen Stobbe und Sproll behalten.

Das war genug, um Pilzsporen zu gewinnen, mit denen Wurzeln von Baumsetzlingen „geimpft“ werden können. „Mychorrizieren“ nennt man das in der Fachsprache. An den feinen Würzelchen bilden sich so nach ein bis zwei Jahren feinste Fasern, die mit dem Baum eine Verbindung zum gegenseitigen Vorteil eingehen: Das Pilzgeflecht erschließt dem Baum lebenswichtige Nährstoffe und Wasser. Der Baum gibt überschüssigen Zucker aus der Fotosynthese ab – und daraus entstehen die Fruchtkörper. Dieses Verfahren, Trüffel zu züchten, ist im Gegensatz zum Suchen, völlig legal. Aber so einfach, wie es sich anhört, ist es nicht, das Knowhow muss man sich hart erarbeiten. Dass es funktioniert, zeigen die Trüffelanbauer im französischen Perigord oder in Spanien. In Deutschland muss der Beweis erst noch erbracht werden – und Stobbe und Sproll stehen kurz davor. „60 Hektar sind mit unseren geimpften Bäumchen bepflanzt worden“, berichtet Sproll mit Stolz.

Trüffel vom Bodensee sollen deutlich preiswerter sein

Burgundertrüffel werden es sein, diese Art kommt in unseren Breitengraden vor allem vor. Ein schmackhafter, nicht ganz so intensiver Trüffel wie der aus dem Perigord. Und vor allem deutlich preiswerter. Es war ein langer Weg bis dahin, wo sie jetzt sind. Die beiden Freunde haben zäh an ihrer Trüffelvision gearbeitet, haben Durststrecken aushalten, Zweifler und Spötter ignorieren müssen. Es sind Kämpfernaturen, beide sind schon als Kinder mit ihren Vätern eifrige Jäger und Sammler geworden. In einer Gegend wie der am Bodensee geht das gar nicht anders. Wasser, Wald und Flur bieten jede Menge Delikatessen. Felchen genauso wie Pilze aller Art.

Eines Tages kam Stobbe, der Jüngere, zu Sproll, dem Älteren, um etwas über Fische zu erfahren. Und seitdem sind sie nicht nur ziemlich, sondern wirklich beste Freunde, verbunden seit ein paar Jahren mit ihrer unbändigen Trüffelleidenschaft. Der gelernte Schlosser Sproll hat den Abiturienten Stobbe auch nicht aus den Augen verloren, als dieser ein Studium der Forstwissenschaft in Freiburg aufgenommen hatte. Vor dem Examen hat er ihn gedrängt, seine Diplomarbeit über – natürlich – Trüffel zu schreiben. Stobbe zögerte, doch bei Professor Siegfried Fink kam der Student an den Richtigen, er nahm nicht nur die Diplomarbeit an, sondern unterstützte die beiden Freunde und stellte ihnen verschiedene Gerätschaften und ein Gewächshaus für ihre Experimente zur Verfügung. Im forstbotanischen Garten in Freiburg begann als Projekt, was sich später zur „Deutsche Trüffelbäume“ entwickelt hat. Eine Zweimannfirma, die jedermann verspricht, Trüffelträume wahr werden zu lassen. „Hier sind sie, unsere Schätze“, Ludger Sproll zieht die Tür zum Gewächshaus auf. Bodman, vereinigt mit Ludwigshafen, liegt am Ende des Überlingersees und ist ein steinalter Ort, an dem prähistorische Pfahlbauten entdeckt wurden. Stockach mit seinem bekannten Narrengericht liegt nicht weit entfernt.

12 000 Bäume gepflanzt

Von Bodmann aus bedienen die Trüffelfreunde Stobbe und Sproll die Sehnsüchte ihrer Kunden in ganz Deutschland und im Ausland. „So um die 12 000 Bäumchen sind das jetzt hier“, erklärt Stobbe und zählt die Sorten der Bausetzlinge auf: „Eichen, Buchen, Haselnuss, das sind die wichtigsten Wirtsbäume“. Fichten gehen auch. Ein, zwei oder drei Jahre sind die Bäumchen alt – „alles vom Forst zertifizierte Pflanzen“ betont Stobbe – , und man kann die Mykhorriza schon mit bloßem Auge erkennen. Im Herbst beginnt die Pflanzzeit, da werden sich die Reihen im Gewächshaus lichten. 35 Euro kostet ein einzelner Setzling, bei größeren Mengen gibt es Rabatt.

Und mehr als ein Baum sollte es schon sein, damit die Chance auf Erträge steigt. „Das wichtigste ist der Boden“, betont Stobbe. „Kalkreich, gut entwässert und belüftet“ müsse er sein, der ph-Wert soll über dem Wert sieben liegen. Nur einfach irgendwo einen Baum pflanzen, nützt also nichts, Stobbe und Sproll machen für den Kunden vorab eine Bodenanalyse. Und sie überprüfen regelmäßig an fünf Versuchspflanzungen, ob sich das Trüffelpilzgeflecht fortentwickelt. „Wir haben sensationelle Werte“, ruft Sproll. Beim Erzählen spürt man wie gut und lange sie sich kennen. Was der Eine grad nicht weiß, trägt der Andere sofort nach. Sie reisen herum, halten Vorträge, informieren sich auf den großen Trüffelmärkten Europas selbst weiter und sind wild entschlossen, ähnliche Events auch in Deutschland zu etablieren. Wenn „ihre“ Trüffel so weit sind. „Vielleicht schon in diesem Herbst, vielleicht aber erst im nächsten“, glaubt Sproll und wiegt skeptisch sein Haupt. Im Juli 2012 haben Stobbe und Sproll in der Nähe von Freiburg eine Plantage mit 430 Buchen-, Eichen- und Fichtensetzlingen angelegt, vier Jahre könnten für eine kleine Ernte reichen. Der Ort ist natürlich streng geheim.