Seit drei Jahren reist Mirella Alberti aus Murr um die Welt. Anstatt viel zu planen, vertraut sie lieber auf die Menschen, denen sie auf ihren Reisen begegnet. Und obwohl sie nur mit Handgepäck unterwegs ist, dürfen zwei Dinge darin niemals fehlen.

Murr - Mirella Alberti plant ihre Reisen nicht gerne. Stattdessen vertraut sie in andere Menschen und darauf, dass alles gut gehen wird. Wenn sie von ihren Erlebnissen erzählt, fällt immer wieder der Satz: „In der Hinsicht bin ich vielleicht ein bisschen naiv. Aber ich möchte dem Leben die Chance geben, mich zu überraschen.“ Mit dieser Einstellung ist sie in den vergangenen drei Jahren um die ganze Welt gereist, die längste Zeit davon nur mit einer Handgepäcktasche. Das persönliche Fazit ihrer Reise: „Man kann überall auf der Welt hilfsbereite Menschen treffen, die auch einfach nur glücklich sein möchten.“

 

Mit der Weltreise hat sich Mirella Alberti einen Kindheitstraum erfüllt. Dafür nahm sich die Diplom-Philologin im Jahr 2016 erst einmal ein Jahr lang frei, ein sogenanntes Sabbatjahr, und reiste über den Jahreswechsel nach Kapstadt. Nach mehreren Monaten in Südafrika und La Réunion zog es sie allerdings kurzzeitig wieder nach Hause, um bei einem Familienfest dabei zu sein. Zwischenzeitig war die Firma, bei der sie arbeitete, bankrott. Andere hätten sich einen neuen Job gesucht, Mirella buchte einen Flug auf die Philippinen. „Ich hatte ja immer noch keine Weltreise gemacht.“

Sonnencreme ist immer dabei

Von den Philippinen reiste sie über Indonesien nach Malaysia, setzte mit dem Schiff über nach Thailand. Es folgten Stationen in Laos und Kambodscha, gefolgt von Australien, Neuseeland und Lateinamerika. „Manchmal habe ich versucht, einen Teil der Route zu planen“, sagt sie, „aber dann hat sich eigentlich immer etwas anderes ergeben und ich dachte: das hört sich eigentlich besser an.“ Seit ihrem ersten Aufenthalt in Thailand reist sie nur noch mit Handgepäck. Ein paar Wechselklamotten, ein Handtuch und ein Tagebuch – mehr braucht sie nicht auf ihren Reisen. „Und Sonnencreme sollte man immer dabeihaben“, ergänzt sie. „Die ist eigentlich in allen Ländern sehr teuer.“ Außerdem darf das Buch „Der Alchimist“ des brasilianischen Schriftstellers Paulo Coelho nie fehlen. Es handelt von den Reisen eines jungen Schafhirten aus Spanien. „Das ist sozusagen die Bibel aller Backpacker“, erklärt die Weltreisende.

Viele neue Freunde auf Facebook

In allen Ländern knüpfte Mirella Alberti Kontakte, die sie über das Internet pflegt. Um wie viele Einträge ihre Freundesliste auf Facebook in den vergangenen drei Jahren gewachsen ist, weiß sie nicht genau. „Vielleicht 200, vielleicht auch 300“, sagt sie. „Jetzt kenne ich auf der ganzen Welt Menschen, sodass ich mich überall zu Hause fühle.“ Auf La Réunion wohnte sie bei der Familie eines 60-jährigen Franzosen, in Indonesien bei Bekannten, die sie auf den Philippinen kennengelernt hatte. Zweimal war sie in Kambodscha, wo sie bei einem Freund ihrer Familie unterkam, der dort ein Kinderheim aufbaut.

Im Mai 2018 kam Mirella wieder nach Deutschland, wieder für ein Familienfest. Fast ein halbes Jahr lang war sie in der Heimat. „Meine Familie hat sich schon gedacht: ‚Jetzt wird sie anständig’“, erzählt sie, „aber ich habe schnell gemerkt, dass ich noch nicht fertig bin mit meiner Reise.“ Vor allem ihr Vater war nicht begeistert von ihren Reiseplänen. „Ich komme aus einer italienischen Großfamilie, da ist das wahrscheinlich normal“, sagt sie. Trotzdem zog es sie wieder in die Ferne. In Kambodscha half die 34-Jährige beim Bau einer Schule in dem Kinderheim ihres Bekannten, in Thailand machte sie eine Ausbildung zur Lach-Yoga-Lehrerin. „Ich habe immer wieder gemerkt, dass Lachen die Menschen verbindet“, erklärt sie. „Wir lachen alle in der gleichen Sprache.“

Wie finanziert sie ihre Reisen um die ganze Welt? „Ich habe immer ganz gut verdient, aber in WGs gelebt, wie eine Studentin“, erklärt die 34-Jährige. „Und wenn man arbeiten will, kann man das auf der ganzen Welt machen.“ Für Kost und Logis arbeitete sie in Australien als Hausmädchen. In Kolumbien zog sie zwei Wochen lang mit einer Gruppe von Einheimischen durch das Land und verkaufte Armbänder. Seit Juli ist sie wieder in Deutschland. Ob sie jetzt sesshaft werden und hierbleiben will? „Vielleicht“, sagt sie. „Aber eigentlich will ich wieder losziehen.“ Im Moment arbeitet sie an einem Buch über ihre Reiseerlebnisse.