Viele junge Menschen unternehmen nach dem Abitur eine Weltreise. Die wenigsten aber gehen diesen Traum so an, wie Ferry Weikert aus Vaihingen an der Enz: Er radelt seit über einem Jahr um die Welt und übernachtet im Zelt.

Vaihingen/Enz - Manchmal hatte Ferry Weikert ein komisches Gefühl, wenn er nachts in seinem Zelt lag. „Einmal habe ich in einem Wald übernachtet und dachte mir: Niemand weiß, wo ich gerade bin“, erzählt der 22-Jährige. „Aber Angst habe ich eigentlich nie. Ich weiß: Irgendwie wird schon alles gut gehen.“ Seit Mai 2018 war Ferry Weikert mit dem Zelt im Gepäck unterwegs. Vor ein paar Tagen kam er zu Hause in Vaihingen an der Enz an. Er war knapp 15 Monate unterwegs und hat es einmal um den gesamten Globus geschafft. Eine Weltreise steht bei vielen Leuten ganz oben auf der Liste, aber Ferry Weikert hatte ein ganz besonderes Ziel: Er wollte die Welt auf dem Fahrrad umrunden, mit der Campingausrüstung in den Satteltaschen.

 

Nie lange an einem Ort

Nach dem Abitur war er für ein Jahr in Kanada, wie viele Jugendliche. Vor seiner Heimkehr schmiedete er dort den Plan für seine Weltreise auf dem Fahrrad. „Die eigentliche Vorbereitung hier in Deutschland hat dann etwa einen Monat gedauert“, sagt er. „Aber ich plane generell nicht so viel. Im Grunde bin ich einfach nach Osten losgefahren, dem Sonnenaufgang entgegen.“ Seitdem ist er mehr als 26 000 Kilometer in Richtung Sonnenaufgang geradelt. Nur, wenn es mit dem Fahrrad nicht weiter ging, zum Beispiel als er nach Australien oder in die USA übersetzte, stieg er auf das Flugzeug um.

Lange blieb Ferry Weikert während des vergangenen Jahres nie an einem Ort: „Ich habe immer den gleichen Tagesablauf“, sagt er. „Morgens baue ich das Zelt ab und fahre los. Mittags mache ich eine Pause und suche mir etwas zu essen. Abends, wenn ich müde bin, schlage ich mein Zelt wieder auf, wo es gerade geht.“ Das können die abenteuerlichsten Orte sein: In Singapur campte Weikert auf dem Grünstreifen einer Autobahnauffahrt, in Australien mitten in der Wüste. „Als ich in Nepal an einem Fluss übernachten wollte, hat mich ein Mann gewarnt, dass ich da nicht schlafen soll, weil ein paar Wochen zuvor an genau diesem Ort ein Hirte von einem Tiger getötet wurde. Da habe ich mir schon gedacht: Das war ganz schön knapp.“ Er ist sich aber sicher: „Wenn mir etwas passieren würde, würden mir die Leute schon helfen.“

Suchaktion auf Facebook

Dieses Vertrauen sieht Ferry Weikert durch seine vielen Begegnungen mit Menschen auf den verschiedenen Erdteilen bestätigt. „In Thailand hat mir jemand meinen Laptop geklaut, aber das war die einzige schlechte Erfahrung, die ich in den vergangenen Monaten gemacht habe.“ Andernorts wurde er mit offenen Armen aufgenommen. „In Usbekistan ist es schon mal vorgekommen, dass mich eine Familie zum Essen in ihr Dorf eingeladen hat. Und dann wurde schnell ein Lamm geschlachtet, damit wir etwas zu essen haben.“ In der Ukraine brachte ihm ein zwölfjähriger Junge auf der Straße ein belegtes Brot. In Kirgistan bot man ihm frische Pferdemilch an. „Die hat schrecklich geschmeckt. Aber wenn man die angeboten bekommt, lächelt man trotzdem und trinkt sie.“

Mit seiner Familie in Deutschland hatte Ferry Weikert während seiner Weltreise nur wenig Kontakt. „Eine SIM-Karte für mein Handy habe ich mir in keinem Land gekauft“, sagt er. „Ich genieße es, nicht erreichbar zu sein auf meiner Reise.“ Da könne es gut mal vorkommen, dass seine Eltern mehrere Wochen lang nichts von ihm hören. In Australien ist ihm ein Mann begegnet, der ihn gefragt hat: „Sind Sie Ferry Weikert?“ Daheim in Deutschland hatte sein Bruder einen Aufruf über Facebook gestartet, nach ihm zu suchen. Es sei nichts passiert, aber er möge doch mal zuhause anrufen. „Ich hatte mich zwei Monate lang nicht gemeldet und hatte kein Internet. Da hat mein Bruder eben diese Suchaktion auf Facebook angestoßen, und es hat funktioniert.“

Letzte Etappe: Europa

Seit etwa einem Monat ist Ferry Weikert wieder in Europa; mit dem Flugzeug reiste er von New York nach Portugal. Von dort aus ging es weiter über Spanien und Frankreich zurück nach Vaihingen an der Enz. „Mittlerweile weiß ich die europäischen Straßen zu schätzen. Ich fahre überall Fahrrad, aber hier ist das schon viel angenehmer als in vielen Ländern, in denen ich war.“ Er hat sich auf seine Heimkehr gefreut. „Ich liebe es zwar, zu reisen. Aber als ich endlich mit dem Fahrrad in meiner Heimatstadt ankam und dort die Straße entlangfuhr – das war schon ein verdammt gutes Gefühl.“ Jetzt will er erst mal daheim ankommen und sein Leben planen. „Mal sehen, ob ich das Reisen lassen kann“, sagt er. „Wenn nicht, kann es auch sein, dass ich mir wieder mein Fahrrad nehme und losfahre.“