Zum Auftakt der neuen Sonderausstellung „Berauschend. 10 000 Jahre Bier und Wein“ im Stuttgarter Landesmuseum kommen viele Besucher bei freiem Eintritt.

„Banane, Schokolade, Wasser!“ – „Nicht Malz? Das ist jedenfalls Zitrone!“ Ein Vater riecht mit seiner zehnjährigen Tochter an Metalldosen mit Düften. Auch andere haben Spaß beim Raten in der großen Sonderausstellung „Berauschend. 10 000 Jahre Bier und Wein“ im Landesmuseum Württemberg.

 

Am Eröffnungswochenende bei freiem Eintritt ist viel los im Alten Schloss. Im Museumsfoyer wird getestet: Manufakturen und Winzer offerieren an Probierstationen Craft Beer, Weine und Pralinen. Vor der Familien-Mitmachausstellung „Müllmonster-Alarm!“ harren Eltern und Großeltern mit Kindern jeglichen Alters, um Abfallwege zu verfolgen und im Upcycling-Atelier vermeintlichem „Müll“ neues Leben einzuhauchen. Das „Müllmonster“ macht Stimmung, im Renaissance-Innenhof tut das die Trommelshow orangefarben Gekleideter nebst Müllwagen.

Die Römer brachten den Weinbau nach Baden-Württemberg

Derweil berauscht die Geschichte von Bier und Wein manche regelrecht. Vom „ersten Bierland“ ist zu erfahren – bei den Sumerern im heutigen Irak waren der Saft aus Gerstenmalz, Emmerschrot und zerkleinertem Sauerteigbrot und die Biergöttin Ninkasi fast allgegenwärtig. Vom noch unklaren Ursprung des Weinbaus, der im Kaukasus liegen soll. Und von Dionysos alias Bacchus, Gott des Weins und der Feste bei Griechen und Römern. Letztere brachten den Wein ins Gebiet des heutigen Baden-Württembergs. Dort ist er längst „gut ausgebaute Tradition“. Davon erzählen Winzerinnen und Winzer im Film „Wein am Neckar“.

Aus dem Mittelmeerraum kamen auch die Trinkgefäße. Tongefäße aus dem antiken Griechenland erzählen vom Symposium: Was heute für wissenschaftliche Konferenz steht, bedeutete damals „zusammen trinken“. Dafür brauchten Kelten Kraft. Manches Trinkhorn, etwa aus dem Prunkgrab von Eberdingen-Nussdorf, wog ungefüllt mehr als sechs Kilo. In der Schau kann man ein solches stemmen.

Alkohol als Kitt der Gesellschaft

Klar wird durch Gerätschaften, Gefäße, Skulpturen und Gemälde, welche Rolle Alkohol in Mythos, Kult, Religion – siehe „Blut Christi“ – spielte und spielt, auch bei Festen: Identitätsstifter und „Kitt der Gesellschaft“.

Das hat auch Folgen. Der Kupferstich „Gin Lane“ des britischen Künstlers William Hogarth zeigt St. Giles im 18. Jahrhundert, damals Londoner Elendsviertel: Der Branntwein hat die Armen fest im Griff. Auch aktuelle Probleme werden erklärt: Rund 57 Milliarden Euro kostet übermäßiger Konsum heute Deutschland – Grund für Unfälle, erhöhte Gewaltbereitschaft, Gesundheitsprobleme. In Videos berichten im Museum trockene Alkoholiker, Expertinnen und Mediziner. Interaktiv können Besucher eine benebelte Sicht erleben, auf Touchscreens die Wirkung des Stoffs im Gehirn. Der Alkohol beschert aber auch Glücksgefühle, wie Fotos des Künstlers Marcos Alberti zeigen.

Die Sonderausstellung „Berauschend. 10 000 Jahre Bier und Wein“ des Landesmuseums Württemberg im Alten Schloss ist noch bis zum 30. April 2023 zu sehen.