Die Komponistin und Dirigentin Sophie Pope ist im Kreis Ludwigsburg für ihre musikalische Kreativität bekannt. Ihr neuestes Projekt: Ein Konzert mit Schweißgerät und Flex.

Kornwestheim - Sophie Pope ist im Kreis Ludwigsburg für musikalische Kreativität bekannt. Die Komponistin und Kornwestheimer Dirigentin hat sich an ein besonderes Projekt gewagt – an experimentelle Musik für Werkzeuge. Im Interview spricht die 31-Jährige über den Reiz, mit einer Flex zu musizieren.

 

Frau Pope, Sie dirigieren in Kornwestheim den CVJM-Posaunenchor. Dazu weiß man, dass Sie moderne Kompositionen schreiben, wie den „Mondschatten“ für zwei Querflöten, der letztes Jahr aufgeführt wurde. Aber jetzt ein Konzert für Flex und Schweißgerät? Wie kommt man darauf?

Ursprünglich kam die Idee von Gottfried Staudenmaier. Er spielt bei den Bietigheimer Blechbläsern mit, die ich ab und zu leite und für die ich schon komponiert habe. Er ist zudem handwerklich sehr versiert und hatte nun den Vorschlag, dass ich doch einmal etwas für Flex und Posaunenchor schreiben könnte. Wir sind dann aber schnell darauf gekommen, dass diese Kombination schlecht in eine Komposition umzusetzen ist. Dafür haben wir gesehen, dass man mit einem Schweißgerät gewissermaßen malen kann. Es sprüht ja auch Blitze, deshalb der Konzerttitel „Funkenregen“. Schnell hatten wir die Form des Stücks festgelegt. Es sollte wie ein Arbeitstag strukturiert sein.

Wann sind Sie dann in die konkrete Arbeit eingestiegen?

Das war dieses Jahr vor den Sommerferien. Inzwischen hatte ich mir auch eine Besetzung für mein Werk überlegt. Ich wollte noch ein Saxofon und Schlagzeug dabei haben. Den Saxofonisten Gregor Böhmerle kenne ich persönlich. Ich habe ihn gebeten, einen Schlagzeuger zu den Proben mitzubringen, den er kennt. Meiner Erfahrung nach funktioniert das so am besten. So kamen wir zu Johannes Walter als Schlagzeuger. Und natürlich Gottfried Staudenmaier an der Flex und am Schweißgerät.

Proben fanden in der Garage statt

Und wo kann man so etwas proben? Schlagzeug und Schweißgerät machen ja schon eine Menge Lärm, oder?

Stimmt. Wir konnten bei Gottfried in der Garage proben. Das ging aber nur, weil er sehr freundliche Nachbarn hat. Die kommen jetzt sogar zum Konzert.

Proben – das klingt jetzt aber schon so, als ob es da eine Art von Musik gibt, die man organisieren kann beziehungsweise muss.

Genau. Am Anfang spielen Saxofon und Schlagzeug nach Noten, die ich aufgeschrieben habe. Der Beginn steht also fest. Dann aber wird jedes Konzert anders, weil Gottfried inzwischen Zeichen schweißt, die man grafische Notation nennt. Die sind sehr anschaulich, so wie etwa das Lautstärkezeichen auf einer Fernbedienung. Oder einzelne Punkte für kurze Töne. Darüber wird dann improvisiert. So etwas Ähnliches gibt es übrigens auch in klassischer Musik, zum Beispiel bei Gustav Holsts „Amboss“. Oder bei Leroy Andersons berühmtem „Typewriter“, bei dem man auch heute noch eine altmodische Schreibmaschine braucht. Da sind Geräuscheffekte ein Teil der Komposition.

Komposition für Altmetall

Auf dem Programm steht außer Ihrem Stück noch die „Legierung“ von Frank Mauceri. Wie kam es zu dieser Zusammenstellung?

Ich kenne Frank Mauceri schon lange. Während seines Sabbatjahres in Stuttgart vor etwa acht Jahren sind wir uns an der Musikhochschule, wo ich damals studierte, über den Weg gelaufen. Ich habe ihn einfach angesprochen. Er macht grafische Kunst, gewissermaßen also auch grafische Notation für experimentelle Musik. Frank und ich sind immer in Kontakt geblieben. Ich habe eine Weile in New York studiert, und er wohnt in Maine, also einem der Neuengland-Staaten. Damals war ich auch einmal eine Woche zu Studienzwecken bei ihm. Die „Legierungen“ sind ein Stück für Instrumente aus Altmetall. Gottfried hat dafür aus einem alten Boiler ein „Donnerblech“ gebaut. Daneben wird ein frei schwebendes Metallstück verwendet und ein Trichter. Weil alle drei durch Federn verbunden sind, überträgt sich deshalb auch der Schall. Jedes Instrument wird separat von einem Spieler bedient.

Beziehungen helfen bei der Location-Suche

Wie probt man mit einem zeitgenössischen amerikanischen Komponisten? Kommt der für die Proben extra nach Deutschland?

Nein, das war leider nicht möglich. Wir haben die Proben auf Video aufgenommen und saßen dann alle gespannt am Gerät und haben ihn gefragt, ob das so ist, wie er es sich vorstellt.

Wie findet man Locations, also Aufführungsorte für so eine Art Konzert? Das ist sicher nicht so einfach…

Im Fall des Konzertortes in Sersheim haben uns Beziehungen weitergeholfen. Gottfried kennt den Inhaber der Schlosserei, wo das Konzert stattfindet. Der hat seine Werkstatt zur Verfügung gestellt. Die GripFabrik in Gerlingen habe ich im Internet gefunden. Das ist eine Auto-Mietwerkstatt, die aber auch für Events vermietet wird. Sie ist komplett leer.

Für unser Foto haben Sie sich zünftig ausstaffiert …

Dafür hat mir ein Bläser meines Posaunenchors spontan sein Schweißgerät mit Zubehör und ein anderer seine alte Latzhose mitgebracht.