Maximilian Schairerhat bei den „Sounds of Classics“ gespielt. Seine Konzerte sind rar geworden.

Stuttgart-Degerloch - Maximilian Schairer ist seinem Alter weit voraus – und seiner Zeit. Wo andere Hochbegabte von ähnlichem pianistischen Rang alles dem Basteln an der Solistenkarriere unterordnen würden, pflegt er den geistigen Unterbau seines Musizierens. Das hört man staunend. Am Sonntag war der 15-Jährige in der Reihe „Sounds of Classics“ in der gut besuchten Degerlocher Aula der International School of Stuttgart zu erleben.

 

Der Schüler aus der Begabtenklasse der Stuttgarter Musikschule meldet sich nicht mehr für Wettbewerbe an, verzichtet auf weitere Preise und gibt nur noch selten Konzerte; und wenn, dann meist Gesprächskonzerte, in denen er die Musik analysiert und seine Sicht erklärt. Als jüngster Vorstudent hat er an der Musikhochschule historisches Instrumentalspiel und historische Aufführungspraxis belegt. Den Professoren der Musikhochschule und der Bachakademie liegt seine umfangreiche Arbeit über Bachs Wohltemperiertes Klavier vor. Das unerlässliche Üben hat der junge Pianist kaum reduziert. Auch das hört man.

Ganz ohne provozierendes Andersmachen

Er beginnt sein Programm mit Ludwig van Beethovens Sonaten-Geschwisterpaar opus 27, bei dem der ältere Es-Dur-Zwilling zu Unrecht im Schatten der überberühmten „Mondscheinsonate“ cis-Moll steht. Denn das ohne streng getrennte Sätze durchkomponierte Wunderwerk verdient die gemeinsame Bezeichnung beider Sonaten „quasi una fantasia“ noch mehr. Der damals gut dreißigjährige Beethoven ist ein verteufelt furioser Pianist und kennt als Tonsetzer die Konventionen und Regeln genau, über die er sich so selbstbewusst schöpferisch hinwegsetzt, frei und streng.

Technisch beherrscht Maximilian Schairer all die pianistisch harten Brocken sowieso souverän. Er spürt den Klängen bis in feinste Nuancen nach und weiß selbst dem so abgespielten und trotzdem mystisch-genialen Kopfsatz der „Mondscheinsonate“ für seine Zuhörer noch Einsichten abzugewinnen – und zwar ganz ohne provozierendes Andersmachen.

Die Zugabe nach viel Beifall

Franz Schubert bewunderte Beethoven nicht nur, er war ihm auch verwandt im Freiheitswillen, dem genialen Können und der Fantasie. In der Sonate a-Moll arbeitet Maximilian Schairer die Gegensätze und jähen Stimmungsumschwünge zwischen Verzweiflung und Aufbegehren, sanftem Trost und endloser Liebe mit Genauigkeit und Geschmack heraus. Und den besonderen Schubert-Ton – etwa bei den Punktierungen oder den liedhaften Themen – lässt er unablässig über allem schweben.

„Pour le Piano“ hat Claude Debussy seine drei Stücke genannt, die um 1901 entstanden sind. Weil er seinen postromantischen Impressionismus vor allem auf dem Klavier entwickelte, ist das eine besondere Marke. Auf dem wunderbar direkt ansprechenden Fazioli-Flügel in der ISS-Aula ist es nicht leicht, klare Prägnanz mit der schillernden Farbigkeit des Debussy-Klangs zu verbinden. Aber Maximilian Schairer gelang das herausragend: ohne nebulöses Verwischen, ohne zerstäubendes Pedal-Spray, ohne laschen Anschlag.

Die Zugabe nach so viel Beifall: Der zweite von Robert Schumanns Davidsbündler-Tänzen. Den frühen Schumann schätzt der junge Pianist noch sehr, der spätere ist ihm oft zu formlos romantisch.