Der Konzern bietet nun auch in Deutschland Gesichtserkennung an. Wie immer geht es dabei auch um die Frage, ob Facebook in die Privatsphäre seiner Nutzer eindringt.

Stuttgart - Die gute Nachricht zuerst: Sie müssen nichts tun. Die schlechte Nachricht: Das wird Ihnen auch nicht helfen. Doch von vorne: Facebook hat angekündigt, die Gesichtserkennung seines Netzwerkes, die in anderen Ländern schon verbreitet ist, nun auch in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Zunächst nur für eine kleine Auswahl an Nutzern und als sogenanntes Op-in-Feature. Das bedeutet, dass Nutzer, die keine Gesichtserkennung nutzen wollen, nichts unternehmen müssen. Wer das Feature nutzen möchte, der muss es aktiv einschalten. Das ist ungewöhnlich für den Konzern. Normalerweise müssen Nutzer, die ihre Privatsphäre schützen wollen, bei Facebook erst zahlreiche Einstellungen abschalten.

 

Wenn jetzt manche Medien titeln „Facebook nimmt den Datenschutz ernst“, ist das eine Fehlinterpretation, denn dieses Vorgehen ist künftig rechtlich verpflichtend. Dass Nutzer das Feature nun selbst aktivieren müssen, ist kein freiwilliges, datenschutzfreundliches Entgegenkommen des Konzerns, sondern das Herzstück der neuen europäischen Datenschutzgrundverordnung, die im Mai in Kraft tritt. Sie sieht „Privacy by default“ vor – den Schutz der Privatsphäre als Grundeinstellung. Würde Facebook die Gesichtserkennung als Grundeinstellung einschalten und die Nutzer müssten sie aktiv ausschalten, müsste der Konzern mit empfindlichen Geldstrafen rechnen.

Bei ausreichender Verbreitung von Kameras kann niemand mehr anonym bleiben

Wie Facebook in einem Blogbeitrag mitteilt, erhalten Nutzer, die das Feature einschalten, folgende Möglichkeiten: Sie werden darüber informiert, wenn ein anderer Nutzer ein Foto als Profilfoto hochlädt, das in Wirklichkeit sie selbst zeigt. Und sie werden informiert, wenn ein anderer Nutzer ein Foto hochlädt, auf dem sie zu sehen sind. Sie haben dann die Möglichkeit, sich darauf selbst öffentlich zu markieren.

Was Facebook freilich nicht verrät: Damit trainieren sie dann den Gesichtserkennungs-Algorithmus weiter und machen die Gesichtserkennung immer besser – jedes „Ja, das bin ich“ oder „Nein, das bin ich nicht“ sind wertvolle Trainingsdaten für den Konzern, die sie auf diesem Weg kostenlos erhalten.

Experten haben immer wieder davor gewarnt, dass Gesichtserkennung die Privatsphäre endgültig aushebelt. Bei entsprechender Verbreitung von Kameras und der Verfügbarkeit gut trainierter Algorithmen, kann in Zukunft niemand mehr anonym durch die Stadt gehen. Freilich schreibt Facebook in einem mehrmals im aktuellen Blogbeitrag verlinkten Artikel des stellvertretenden Konzernbeauftragten für den Datenschutz, Rob Sherman, dass die neue Option dieses Feature nicht enthalte und dass dies auch nicht geplant sei. „Wir haben nicht vor, Feature zu installieren, die Fremden sagen, wer du bist.“ Im Gegenteil: die Gesichtserkennung diene sogar dem Schutz der Privatsphäre, da Nutzer nun sehen könnten, wenn andere Fotos von ihnen veröffentlichen.

Die Algorithmen arbeiten im Hintergrund – und der Konzern nutzt sie

Das ist natürlich Marketing, auf das keiner hereinfallen sollte. Im Sinn des Datenschutzes wäre es, die Gesichtserkennung den Nutzern nicht nur „freiwillig“ zur Nutzung zu überlassen, sondern in diese nicht weiter zu investieren. Wer sie hingegen ausbaut, spielt jenen in die Hände, die sie ausnutzen werden.

Ebenso falsch ist die Schlagzeile des „Stern“ „Facebook erkennt jetzt ihr Gesicht“: Facebook erkennt Ihr Gesicht natürlich nicht erst jetzt, sondern schon lange. Ganz egal, ob Sie die Funktion ein- oder ausschalten: Die Algorithmen arbeiten im Hintergrund trotzdem, und der Konzern wird die Erkenntnisse nutzen. Er wird es nur den Nutzern nicht auf die Nase binden. Dass hier nicht allzu viel Vertrauen angezeigt ist, zeigt nicht zuletzt der Fall des Österreichers Max Schrems, der bei Facebook die Herausgabe privater Informationen gerichtlich erstritten hat: Alle Daten, die er gelöscht hatte, waren in der Facebook-Datenbank noch vorhanden. Sie waren lediglich mit der Markierung „gelöscht“ versehen.

Wie man die Optionen bezüglich Fotos auf Facebook ausschaltet

Bis jetzt gibt es bei Facebook lediglich die Möglichkeit, andere in einem eigenen Foto zu markieren. Auch dieses Feature ist freilich „opt out“. Wer sich nicht darum kümmert, kann für andere sichtbar markiert werden. Unter „Einstellungen“, „Chronik und Markierungen“ kann man das ändern. Im Menüpunkt „Überprüfen“ können Nutzer einstellen, dass sie zuerst gefragt werden, bevor entsprechende Markierungen für andere sichtbar sind.

Dort ist übrigens auch schon das neue Feature angelegt. „Wer kann Markierungsvorschläge sehen, wenn Fotos mit Personen hochgeladen werden, die dir ähneln? (noch nicht verfügbar für dich)“ steht dort. Geplant ist also durchaus, dass nicht nur der Nutzer selbst sieht, wenn Fotos von ihm veröffentlich werden.