Ein erneuter Spähangriff aufs Kanzleramt richtete zwar offenbar keinen Schaden an. Er erinnert aber an die Hilflosigkeit, mit der die Regierung den Cyber-Attacken politisch begegnet, kommentiert StZ-Korrespondent Thomas Maron.
Berlin - Die gute Nachricht zuerst: glaubt man den Versicherungen aus dem Kanzleramt, dann hat die Spionageabwehr im Kanzleramt bei einer erneuten Spähattacke auf die Machtzentrale funktioniert. Offenbar ist kein Schaden angerichtet worden. Das ist allerdings nun wirklich das einzig Positive, was man der Angelegenheit abgewinnen kann. Es befremdet, mit welcher Naivität im Kanzleramt noch immer mit sensiblen Datenträgern umgegangen wird, obwohl doch seit Bekanntwerden des US-Lauschangriffs auf das Handy der Kanzlerin klar sein müsste, dass auch Freunden bei der Informationsbeschaffung nichts heilig ist.
Das Kanzleramt reagiert nervös – aus naheliegendem Grund, denn der aufgespürte Trojaner „Regin“ gilt als digitale Superwaffe der Amerikaner und der Briten. Zwar ist es möglich, dass auch andere die komplexe Software weiterentwickelt haben, aber allein der Verdacht, dass da wieder engste Partner im Spiel sein könnten, erinnert an die Hilflosigkeit, mit der die Bundesregierung der transatlantischen Datensammelwut begegnet. Ein Abkommen, das Spionage unter Freunden untersagen sollte, scheiterte im Frühjahr kläglich am Desinteresse der US-Regierung. Die Bundesregierung wollte Gras über die Sache wachsen lassen. Mit den aktuellen Berichten wurde jetzt frisch gemäht.