Das Kultusministerium erlaubt den Schulen in Baden-Württemberg, während der Fußball-WM später mit dem Unterricht anzufangen. Doch die meisten Schulen werden trotzdem wie gewohnt beginnen - es ist organisatorisch nicht anders machbar.

Das Kultusministerium erlaubt den Schulen in Baden-Württemberg, während der Fußball-WM später mit dem Unterricht anzufangen. Doch die meisten Schulen werden trotzdem wie gewohnt beginnen - es ist organisatorisch nicht anders machbar.

 

Stuttgart - Die Fußballfans unter den Schülern im Südwesten werden bei dieser Weltmeisterschaft wahrscheinlich unausgeschlafen zum Unterricht erscheinen. Zwar können die Schulen im Südwesten den Unterricht während des Turniers in Brasilien später beginnen lassen, doch stellt sie das vor große organisatorische Probleme.

Beim größten Gymnasium im Südwesten, dem Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasium, kommen die 2300 Schüler aus einem großen Einzugsgebiet. Die Schulbusverbindungen sind auf die erste Stunde ausgelegt. „Diese auf die zweite Schulstunde umzudisponieren, würde zum Chaos führen“, heißt es im Sekretariat.

Schulen entscheiden selbst

Das Kultusministerium wird die Schulleiter in Kürze per Infodienst darauf hinzuweisen, dass der Unterricht während der WM vom 12. Juni bis 13. Juli eine Stunde später anfangen kann. Einige Spiele beginnen aufgrund der Zeitverschiebung erst spät am Abend, darum „ist an den darauffolgenden Vormittagen mit entsprechender Müdigkeit im Unterricht zu rechnen“, sagte eine Sprecherin von Minister Andreas Stoch (SPD) in Stuttgart. „Die Entscheidung darüber liegt aber vor Ort.“ Die Schulen beschlössen ja auch, wann genau der Unterricht morgens zwischen sieben und acht Uhr beginnt.

Der Leiter der Arbeitsgemeinschaft der Realschulrektoren, Kurt Pilsner, findet diese Flexibilität gut, sieht aber Schwierigkeiten beim Umsetzen. „Denn an den Unterricht schließen sich am Nachmittag Aktivitäten der Schüler an, die nicht nach hinten geschoben werden können“, erläutert er. Der ausgefallene Unterricht müsse ja irgendwann nachgeholt werden. „Die Schulpflicht kann nicht durch die WM ausgehebelt werden.“

"Organisatorische Herausforderung"

Da viele Schüler Migrationshintergrund hätten, müssten auch Spiele mit deren Heimatmannschaften berücksichtigt werden. „Das wäre schon eine organisatorische Herausforderung.“ Außerdem fragten die Schüler noch gar nicht nach Ausnahmen für die WM. „Vielmehr habe ich nachgefragt, dabei hat etwa die Hälfte dafür gestimmt.“

Werner Weber, der Landesvorsitzende der Schulleitervereinigung, beurteilt eine Verlegung von Unterricht skeptisch: „Was für ein Signal ist das an die Kinder? Das bedeutet doch, Schule ist nicht wichtig, Fußball ist wichtiger.“ Die Eltern hätten es in der Hand, ob die Schüler die Spiele sehen dürften, sagt Weber, selbst bekennender Fußballfan. Er rechnet damit, dass die Rektoren an ihren Schulen kurzfristig entscheiden werden, ob Unterricht verlegt wird.

Der Landesschülerbeirat begrüßte die Entscheidung des Kultusministeriums, den Schulen zu erlauben, während der WM später mit dem Unterricht zu beginnen. „Wir freuen uns, dass an Schüler und Lehrer gedacht wird, indem den Schulen eine Verschiebung des Unterrichts gestattet wird“, sagte die Vorsitzende Johanna Lohrer. Dabei sei es wichtig, an den Schulen eine gemeinsame Entscheidung zu finden, mit der alle leben könnten.

Im Königin-Charlotte-Gymnasium in Stuttgart-Möhringen ist die Entscheidung bereits gefallen: „Hier ist nichts angedacht, der Unterricht wird wie geplant stattfinden“, teilte das Sekretariat mit. Auch in der Österfeldschule wird sich an den Unterrichtszeiten nichts ändern. Schulleiterin Erika Diemer-Hohnholz verweist auf das Konzept der verlässlichen Grundschule: „Die Eltern müssen arbeiten und sind auf die Betreuung angewiesen. Darum ist eine Verlegung des Unterrichts bei uns nicht machbar“, erklärt sie.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) differenziert zwischen Vorrundenspielen, die man nicht berücksichtigen müsse, und Finalspielen. Stehe etwa die deutsche National-Elf im Finale, könne man „ein Auge zudrücken“, sagte VBE-Landeschef Gerhard Brand. Der Stundenplan müsse aber eingehalten und ausfallender Unterricht nachgeholt werden.