Das ungewöhnlich milde und sonnige Wetter im Herbst begeistert die Stuttgarter. Die Trockenheit stellt Obstbauer allerdings vor Probleme fürs kommende Jahr. Doch Regen ist weiter nicht ins Sicht.

Stuttgart - Da stehen nun die Stuttgarter vor den Schaufenstern der Kaufhäuser und schauen sich schwitzend die neuesten Kollektionen an Wintermänteln, Stiefeln und Skimützen an. Ein paar Kilometer weiter polieren Brennstoffhändler zum wiederholten Mal ihre Tankwagen und blinzeln in die Dauersonne. Und in den Supermärkten überlegt man sich vor die Regale mit den Dominosteinen wieder Eistruhen aufzubauen. Kein Zweifel – der Oktober 2018 verlängert den eh schon extrem langen Sommer 2018 noch einmal – und ein wirkliches Ende des schönen und warmen Wetters ist nach wie vor nicht in Sicht.

 

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Die erste Hälfte des Monats kannte bisher fast nur ein Bild: Nach einem etwas kühlen Start ist es seit dem 4. Oktober sonnig und warm. Und es gab auch schon Rekorde. Am vergangenen Samstag wurden an der DWD-Wetterstation Schnarrenberg 26,3 Grad gemessen, einen Tag später 26,2 Grad. Das sind die mit Abstand höchsten Werte, die seit Beginn der Wetteraufzeichungen 1951 für einen 12. oder 13. Oktober registriert wurden. (bisher 24,8 und 24,2 Grad). Der absolute Temperaturrekord für Oktober von 29,7 Grad (4. Oktober 1985) wird zwar wohl nicht mehr geknackt werden, der eine oder andere Höchstwert für einen Tag ist aber sicher noch drin.

Sollte es am Wochenende tatsächlich kühler werden?

Andreas Pfaffenzeller, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD), in Stuttgart, hat eine Erklärung für die große Wärme. „Wir liegen im Moment nicht so sehr im Einfluss des stabilen Hochs über dem Osten, sondern eher an der Vorderseite eines Tiefs im Westen und an dieser Vorderseite strömt seit Tagen sehr warme Luft direkt aus dem Süden zu uns“, erklärt Pfaffenzeller. Diese Wetterlage mit milden Temperaturen auch in hohen Luftschichten bewirke, dass es nachts nicht so sehr auskühlt wie bei einer Ostlage. Dadurch gebe es auch weniger Nebel und die Temperaturen stiegen am Vormittag rasch an.

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Wirklich ungewöhnlich ist die Wärme allerdings nicht. So wie es jetzt aussieht könnte der Oktober mit einer Durchschnittstemperatur von 13 Grad aus dem Rennen gehen. Für den Rekord von 2001 (14,3 Grad) dürfte es aber nicht reichen, auch die Durchschnittswerte von 2006 (13,6 Grad) und 2014 (13,2 Grad) werden schwer zu knacken sein – sollte es tatsächlich vom kommenden Wochenende an kühler werden. „Im Moment gehen die Wettermodelle davon aus“, sagt Pfaffenzeller, „sicher ist so eine langfristige Prognose aber nicht.“ Bis Ende dieser Woche dürfte sich allerdings nichts Gravierendes an der Wetterlage ändern. Der Spätsommer im Herbst geht also weiter.

Viel zu trocken

Ein Problem dabei ist allerdings der viel zu geringe Niederschlag. Bisher fiel im Oktober nicht einmal ein halber Liter Regen pro Quadratmeter, bis zum kommenden Wochenende wird sich daran auch überhaupt nichts ändern und ob sich das Wetter vom 22. Oktober an Richtung nass umstellt, ist noch offen. Im Moment gehen die langfristigen Prognosen von allenfalls leichtem Regen bis Ende des Monats aus. „Die 40,6 Liter eines durchschnittlichen Oktobers werden wir nach den aktuellen Aussichten wohl nicht erreichen“, sagt dazu Andreas Pfaffenzeller. Damit wäre dann der Oktober bereits der achte zu trockene Monat in diesem Jahr. Aktuell fehlen etwa 136 Liter Regen pro Quadratmeter zu einem normalen Jahr. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass dies bis zum Jahresende aufzuholen ist.

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Die Trockenheit zeigt auch schon Auswirkungen. Am kommenden Wochenende wird beim alljährlichen Krautfest in Leinfelden-Echterdingen wohl ein Rekord im Krautstemmwettbewerb aufgestellt werden. Bei dem Wettbewerb wird gemessen, wie lange man seinen Arm mit einen Spitzkrautkopf in der Hand waagrecht vom Körper wegstemmen kann. Durch den Wassermangel sind in diesem Jahr zumindest die nicht bewässerten Krautköpfe nur halb so schwer als normal. Nicht gut ist die Trockenheit vor allem auch für die Obstpflanzen in der Stadt.

Trockenheit macht Probleme für 2019

Nachdem die Bäume nach dem guten Jahr 2018 bereits ganz automatisch weniger Knospen für das nächste Jahr gebildet haben, sorgt die Trockenheit zusätzlich für Probleme. Laut Andreas Siegele würde der Wassermangel den eh schon reduzierten Knospen zusetzen. „Die Knospen werden schlecht versorgt, es fehlt die Vitalität und sie gehen nicht fit in den Winter“, erklärt der Obstbauberater der Stadt. Für den Wein sei die Trockenheit bezogen auf das kommende Jahr dagegen weniger problematisch.

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Sonne pur und milde Temperaturen – man könnte meinen, bei so einem Wetter gäbe es weniger Erkältungen. Gefühlt stimmt das nicht, halb Stuttgart schnieft. Und auch statistisch kommt man nicht weiter. Das Gesundheitsamt registriert keine Erkältungen und bei der meldepflichtigen Grippe ist die Datenlage dünn. 2017 gab es im Oktober zwei gemeldete Influenza-Fälle, aktuell ist es einer.