Die spanische Weihnachtslotterie ist wahrscheinlich die umsatzstärkste Lotterie der Welt. Hier werden keine besonders großen Preise ausgespielt, dafür viele. Und einer gewinnt immer.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Um 11.20 Uhr wird in der Madrider Oper endlich der Gordo – der dicke Hauptgewinn – ausgesungen: „Fünftausendvierhundertneunzig!“, singt der eine Junge und hält die kleine Holzkugel mit der Nummer in die Höhe – „vier Millionen Euro!“, antwortet der andere, mit einer zweiten Kugel in der Hand, die jenen Betrag verkündet. Sie strahlen, dann singen sie noch mal und noch mal und noch mal. Sofort beginnt im ganzen Land die Suche: „¿Dónde ha caído?“ – Wo ist er gelandet, el Gordo, der Dicke? Weit verteilt übers ganze Land in diesem Jahr, aber hauptsächlich in mehreren Orten Galiciens in Spaniens Nordwesten.

 

Am 22. Dezember beginnt in Spanien das Weihnachtsfest, das ist der Tag, an dem die Ziehung der staatliche Weihnachtslotterie live aus dem Teatro Real, dem Madrider Opernhaus, übertragen wird. Diese Lotterie gibt es schon seit 1812. Drei Viertel aller Spanier spielen heutzutage mit. Dieses Jahr haben sie für die Lose wieder fünf Prozent mehr ausgegeben als im Vorjahr, insgesamt 3,18 Milliarden Euro.

Die Lotterie ist ein guter Anzeiger für Krisen

Die Lotterie ist ein guter Indikator für Krisen- oder Boomzeiten: Geht’s dem Land schlecht – wie nach dem Platzen der Immobilienblase vor 15 Jahren oder während der Anfangsphase der Coronapandemie – kaufen die Leute weniger Lose, geht’s dem Land gut, kaufen sie mehr. Dieses Jahr ist zwar viel über eine Krise geredet worden, aber offenbar ist sie noch nicht da. Das Lotteriegeschäft jedenfalls lief ganz wunderbar; das erzählten in den vergangenen Wochen alle Losverkäufer, die danach gefragt wurden.

Die spanische Weihnachtslotterie ist wahrscheinlich die umsatzstärkste Lotterie der Welt. Doch anders, als man denken könnte, werden hier keine besonders großen Preise ausgespielt, dafür allerdings besonders viele. Von den 3,18 Milliarden Euro werden 2,226 Milliarden an die Gewinner ausgeschüttet, den Rest – 30 Prozent – behält der Staat für sich. Der Hauptgewinn sind nicht die ausgesungenen vier Millionen Euro, sondern ein Zehntel davon, 400 000 Euro, weil das gewöhnliche Los, das 20 Euro kostet, ein sogenanntes Zehntellos ist.

Von jeder Nummer von 00000 bis 99999 sind dieses Jahr 1800 Zehntellose zum Verkauf angeboten worden. Falls von der Siegernummer sämtliche Zehntellose einen Käufer gefunden haben, gibt es also 1800 Gordo-Gewinner. So haben sich schon ganze Dörfer mit der Weihnachtslotterie saniert, weil alle die gleiche Nummer gekauft hatten. Das macht die spanische Lotterie so besonders: die geteilten Gewinne, die geteilte Freude. In Spanien hat die Weihnacht begonnen.

Wo das Glück sich häuft

Katalonien
 Eine Besonderheit der Weihnachtslotterie stellt die Gemeinde Sort in Katalonien dar: Da Sort auf Katalanisch „Glück“ bedeutet, zieht der Ort eine große Anzahl Touristen aus ganz Spanien an, welche dort oft Lose für das Glücksspiel kaufen.

Goldhexe
Hier verkauft man in der Tat überdurchschnittlich viele Gewinn-Lose; innerhalb von von zehn Jahren gab es fünf Hauptgewinner. Die dortige Verkaufsstelle La Bruixa d’Or ( Die Goldhexe) ist die umsatzstärkste des Landes.