Laut Leitlinien der EU sind Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft systemrelevant und haben Anspruch auf die Einreise. Der Bundesgrenzschutz lässt die Helfer aus Rumänien und Bulgarien nun doch wieder unter strengen Auflagen ins Land.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Das Einreiseverbot, das Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) für Erntehelfer aus den nicht zum Schengen-Raum gehörenden Ländern Rumänien und Bulgarien verhängt hat, wird gelockert. Zugleich werden strenge Auflagen gemacht, um ein Einschleppen des Virus zu verhindern.

 

Im April und Mai sollen jeweils 40 000 Saisonarbeiter aus den Nicht-Schengen-Ländern einreisen dürfen. Die Saisonarbeitskräfte dürfen aber nur per Flugzeug kommen. Die Bundespolizei wird dafür Flughäfen bestimmen. Die Erntehelfer müssen eindeutig identifizierbar sein, um mögliche Infektionsketten nachzuverfolgen. Neuankömmlinge müssen faktisch 14 Tage in Quarantäne, dürfen aber arbeiten. In den Gruppenunterkünften muss jedes zweite Bett frei bleiben. Zugleich wurde beschlossen, dass im April und Mai jeweils rund 10 000 heimische Saisonarbeiter für die Bauern angeworben werden. Arbeitslose, Asylbewerber und Kurzarbeiter sollen zum Einsatz kommen. Auf Vermittlungsplattformen haben sich schon viele Freiwillige gemeldet. Die ersten Erfahrungen mit den Freiwilligen seien durchaus vielversprechend, hört man in der Branche.

Auch Schlachter fehlen

Zuvor hatten Agrarpolitiker sowie Branchenvertreter gewarnt, dass die Spargel- und Erdbeerernte in Gefahr sei. Auch auf den Schlachthöfen in Baden-Württemberg fehlen Facharbeiter aus Rumänien. Dadurch könne es zu Engpässen in der Fleischversorgung kommen, hieß es. Der Chef des Agrarausschusses im Europa-Parlament, Norbert Lins (CDU), hatte Seehofer gemahnt, sich an die Vorgaben aus Brüssel zu halten. „Die Kommission hat die Leitlinien vorgegeben. Die Bundesregierung muss nun unverzüglich reagieren.“ Laut dieser Leitlinien sind Erntehelfer als systemrelevante Arbeitskräfte einzustufen. Das heißt: Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft, die für wichtige Pflanz-, Pflege- und Erntearbeiten gebraucht werden, dürften von den Beamten des Bundesgrenzschutzes nicht anders behandelt werden wie Ärzte oder das Personal in Fabriken für Medizinprodukte. EU-Länder müssten dafür sorgen, dass die Einreise ermöglicht wird, so Lins. Arbeitgebern könnten Auflagen von den Behörden erteilt werden, um den Schutz vor Ansteckungen zu vergrößern. Lins weiter: „Das Thema drängt! Jeder Tag, um den die Entscheidung über die Einreise der Saisonarbeitskräfte aufgeschoben wird, bedeutet Ernteeinbußen für die Landwirte und damit letztlich eine Gefahr, dass weniger heimische Lebensmittel für die Bevölkerung zur Verfügung stehen.“

Neuankömmlinge müssen in Quarantäne

Die Landwirtschaft in Westdeutschland, wo Spargel auf 23 000 Hektar und Erdbeeren auf 11 000 Hektar angebaut werden, ist auf die ausländischen Helfer angewiesen: Rund 148 000 Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland benötigt sie. Ein Großteil davon kam in den vergangenen Jahren aus Rumänien. Schätzungen der Bundesregierung gehen davon aus, dass bis zum verhängten Einreiseverbot bereits 20 000 Arbeitskräfte eingereist waren; überwiegend aus Rumänien. Die polnischen Erntehelfer, die zuletzt noch rund ein Drittel der Erntehelfer gestellt hatten, dürften zwar kommen. Doch die meisten sind abgereist oder gar nicht mehr angereist, weil sie befürchten, sich in Deutschland zu infizieren – und weil sie bei der Rückkehr nach Polen für 14 Tage in Quarantäne müssen.

Unterdessen macht sich die Branche Sorgen um den Absatz. Simon Schumacher vom Verband Südwestdeutscher Spargel und Erdbeeranbauer (VSSE) erklärt: „Weil die Gastronomie geschlossen wurde, ist 30 Prozent unser Kundschaft weggebrochen. Wir hoffen jetzt auf die Solidarität der Verbraucher.“ Die Direktvermarktung laufe auch nicht reibungslos. An den Bundesstraßen sei wenig Verkehr, nur in den zentralen Lagen werde an den Ständen ordentlich gekauft. Die Preise sind unter Druck: Der Verbraucher zahle derzeit für ein Kilogramm Spargel (Kategorie Hofladensortierung – das ist nicht 1. Wahl) zehn bis 13 Euro. 2019 habe der Preis zu diesem Zeitpunkt der Saison bei 17 bis 19 Euro gelegen.