Finanzen in Esslingen Stadt streicht 200 Stellen: „Folgen für Einwohner noch nicht absehbar“

Keine guten Nachrichten für die Rathaus-Mitarbeitenden hatte die Esslinger Bürgermeisterriege: Yalcin Bayraktar, Ingo Rust, OB Matthias Klopfer und Hans-Georg Sigel (von links). Foto: Roberto Bulgrin

Paukenschlag im Esslinger Rathaus: Die Verwaltungsspitze plant aus Kostengründen ein personelles Streichkonzert. Die Folgen für die Einwohner seien noch nicht absehbar.

Noch nie, sagt Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD), sei ihm das Schreiben einer Haushaltsrede so schwer gefallen wie in diesem Jahr. Für die Rathaus-Mitarbeitenden mögen diese Nöte und das Mitleiden ihres Chefs ein schwacher Trost sein: In der Stadtverwaltung wird es einen massiven Stellenabbau geben. Bis 2030 sollen etwa 200 Arbeitsplätze wegfallen. In welchen Bereichen und was bedeutet das für Bürgerinnen und Bürger?

 

In einem Vorab-Pressegespräch im Vorfeld der Haushaltsdebatten im Gemeinderat am Montagabend informierte die Rathausspitze über den anstehenden Kahlschlag beim Personal: In den kommenden beiden Jahren werden gut 60 Stellen in der Verwaltung wegfallen. 2028 und 2029 sollen noch einmal an die 125 Arbeitsplätze gestrichen werden. Insgesamt spricht Klopfer von gut 188 Vollzeitstellen weniger. Die Zahl der insgesamt bei der Stadt Esslingen Beschäftigten gibt er mit ungefähr 2000 Menschen an.

Trotz Sparzwang: Die Arbeiten am Esslinger Marktplatz sollen bis zum Stadtjubiläum 2027 wie geplant gemacht werden. Foto: Roberto Bulgrin

Betriebsbedingte Kündigungen schließen Klopfer und Rust aus. Frei werdende Stelle sollen nicht nach besetzt werden. Es gebe eine natürliche Fluktuation durch Eintritte in den Ruhestand, Arbeitsplatzwechsel oder berufliche Umorientierungen, die es auszunutzen gelte. In jedem Amt müssen laut Ingo Rust pauschal 1,5 Prozent der Stellen eingespart werden. Zusätzlich würden dann quer durch alle Abteilungen nach noch festzulegenden Schwerpunkten weitere Arbeitsplätze wegfallen.

Mehr Künstliche Intelligenz und Digitalisierung im Esslinger Rathaus

Welche Einschränkungen es für die Einwohner durch den rigiden Sparkurs geben werde, könne noch nicht abgesehen werden, so die Rathausspitze. Der personelle Streichkurs solle möglichst durch den Abbau von Doppelstrukturen, die Nutzung von Synergieeffekten, ämterübergreifende Zusammenarbeit und effizientere Arbeitsweisen abgefedert werden, so Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und eine verstärkte Digitalisierung sollen die Folgen möglichst gering halten.

An manchen Stellen werde es aber Einschränkungen geben, so Ingo Rust. Verabschieden müssten sich die Bürger wohl von manchen „Nice-to-haves“. Jenen Schmankerln also, die willkommene Ergänzungen darstellten, aber nicht zwingend erforderlich seien. Als mögliche Beispiele nennt die Verwaltungsspitze engere Bustaktungen oder einen kostenlosen Bustransfer an bestimmten Veranstaltungstagen.  

Trotz Finanznöten: An der Baumaßnahme an der Pliensaubrücke wird es laut Baubürgermeister Hans-Georg Sigel keine Abstriche geben. Foto: Roberto Bulgrin

Zwei Mitarbeitergruppen bleiben laut Matthias Klopfer vom Rotstift verschont. Die Azubis seien beruflich im sicheren grünen Bereich: „Hier sparen wir nicht. Sie sind unsere Zukunft.“ Etwa 400 Auszubildende, auch in der Pflege, stünden in städtischen Diensten. Zudem würden Stellen, die zu mindestens 75 Prozent von dritten Stellen wie dem Landkreis Esslingen oder dem Land Baden-Württemberg finanziert würden, nicht angetastet, so der Stadtchef.

Auch an Sachkosten wird in Esslingen künftig gespart

Zum Hintergrund des Streichkonzerts macht Ingo Rust eine einfache Rechnung auf: Die Einnahmen der Stadt, die sich aus der Gewerbesteuer speisen würden, würden stagnieren, die Ausgaben aber stetig steigen. In den Vorjahren hätten die Kostenstellen durch boomende Einnahmen ausgeglichen werden können – nun sei das auch mit Blick auf die sich immer mehr eintrübende Wirtschaftslage nicht mehr möglich. Oberbürgermeister Klopfer verweist auf die allgemein schlechte Finanzlage aller Städte – Esslingen bilde da keine Ausnahme: „Alle Kommunen stehen unter einem Sparzwang.“

Einsparungen beim Personal sollen das schlaffe Stadtsäckel wieder etwas straffen. In den kommenden beiden Jahren, also im Zeitraum des Doppelhaushaltes 2026 und 2027, werden laut Ingo Rust grundsätzlich keine neuen Stellen geschaffen. Durch das Stellen-Streichkonzert sollen Kosten in Höhe von 4,4 Millionen Euro eingespart werden. Das seien rund sechs Prozent der Personalausgaben. Auch bei den Sachkosten werde der Rotstift im Doppelhaushalt 2026 und 2027 angesetzt, so der Finanzbürgermeister: Insgesamt sollen 4,6 Millionen Euro eingespart werden. An welchen Positionen das geschehen wird, müsse auch in Absprache mit dem Gemeinderat geklärt werden. Mindestens bis 2030 geht der Sparkurs laut Rust weiter: Insgesamt sind Sachkosteneinsparungen von rund 11,3 Millionen Euro vorgesehen.

Angelaufene Projekte sollen in Esslingen nicht gestrichen werden

Dem massiven personellen Eingriff soll aber kein Kahlschlag bei den städtischen Projekten folgen, beruhigt Baubürgermeister Hans-Georg Sigel. Die Umgestaltung des Esslinger Marktplatzes bis zum Stadtjubiläum 2027, die Arbeiten an der Pliensaubrücke und an der Schelztorhalle würden wie vorgesehen erledigt. Auch die Pläne für die Bücherei seien bereits finanziert, ergänzt Ingo Rust. Ob sie nun am alten Standort in der Heugasse verbleibe oder in das ehemalige Kögel-Gebäude umziehe, sei dabei egal. Die Kosten seien in etwa gleich.

Stellenabbau in Esslingen

Bürgermeisterstelle
Angesichts des geplanten massiven Stellenabbaus im Esslinger Rathaus scheint die im Laufe des Jahres geführte Diskussion um eine fünfte Bürgermeisterstelle fehl am Platze gewesen zu sein. OB Matthias Klopfer verweist auf sich sehr schnell verändernde Rahmenbedingungen und sich rasant verschlechternde Wirtschaftsdaten. Zudem sei die Debatte über eine Aufstockung des Bürgermeisterquartetts vom Tisch. Das habe er auch Mitte des Jahres klar kommuniziert.

Haushaltssperre
Die wegen der schwierigen Finanzlage verhängte Haushaltssperre bereitet Finanzbürgermeister Ingo Rust eigenen Angaben zu Folge keine Kopfschmerzen: Es habe in den letzten sieben Jahren fünf Haushaltssperren gegeben. Die Situation könne gemeistert werden: „Wir sind gut gewappnet und geraten nicht in Panik. Denn Panik ist ein schlechter Ratgeber und führt nicht zu guten Entscheidungen.“

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Esslingen