Rechnungshofpräsident Max Munding fordert eine Enquete-Kommission, um den Landesetat zu sanieren. Vertreter aller Fraktionen sollen sich in dem Gremium auf ein dauerhaftes Sparkonzept verständigen – zum Beispiel beim Stellenabbau.

Stuttgart - Im Jahr 2020 muss Baden-Württemberg über einen Landeshaushalt verfügen, der strukturell ohne neuen Schulden auskommt. Weil auch Max Munding, der Präsident des Landesrechnungshofs, darin eine „Herkulesaufgabe“ erkennt, die im üblichen Widerstreit der politischen Kräfte nicht ohne Weiteres zu stemmen ist, hat er eine Enquete-Kommission des Landtags vorgeschlagen. Vertreter aller Fraktionen sollen sich in dem Gremium auf ein dauerhaftes Sparkonzept verständigen – zum Beispiel beim Stellenabbau. „Die Einsparungen beim Personal stehen bislang viel zu häufig nur auf dem Papier“, sagte Munding bei der Vorstellung der jüngsten Denkschrift des Landesrechnungshofs.

 

Zweifel am Sparwillen von Grün-Rot

Die grün-rote Landesregierung hatte zuletzt neue Zweifel an ihrem Sparernst erkennen lassen, weil sie den von der Landeshaushaltsordnung verlangten Finanzplan 2020 – die jährliche Zwischenbilanz zur Schulenbremse – zwar termingerecht, aber nicht hinlänglich präzise beim Landtag eingereicht hatte. Erst im Herbst, bei den Beratungen zum Nachtragshaushalt, sollen den Ressorts „Orientierungspläne“ an die Hand gegeben werden, denen sie ihre jeweiligen Einsparauflagen entnehmen können. „Dann wissen die Häuser ganz genau welche Summe zu sparen ist, die Schwerpunkte können aber weiterhin politisch bewertet werden“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann.

Ob dieses Vorgehen weiterhilft, steht in den Sternen. Aber auch Mundings Idee einer Enquete-Kommission wird kaum weiterhelfen, wie die Reaktionen aus dem Landtag zeigten. Ihre Fraktion, ließ Sitzmann kühl wissen, werde den Vorschlag „in ihre Liste möglicher Themen aufnehmen“. Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel reagierte ebenfalls zurückhaltend. Es nannte es fraglich, ob ein solches Gremium das geeignete Instrument sei, schließlich gebe es bereits die Haushaltsstrukturkommission der Regierung. Hans-Ulrich Rülke, der Vorsitzende der FDP-Fraktion sagte: „Wenn Grün-Rot Kooperation gewollt hätte, hätte es dazu schon überreichlich Gelegenheit gegeben.“ Klaus Herrmann, Finanzsprecher der CDU-Fraktion, sagte, dass Haushaltskonsolidierung Regierungsaufgabe sei.

Digitalfunk-Kosten verschleiert

Die neue Denkschrift der Rechnungsprüfer eröffnet zwar keine spektakulären, aber doch aufschlussreiche Einblicke in das Haushaltsgebaren der Landesbehörden. Unter anderem moniert der Rechnungshof eine Verschleierung der tatsächlichen Kosten für den Digitalfunk der Polizei. Für das Projekt war im Doppelhaushalt 2005/2006 eine Verpflichtungsermächtigung von 400 Millionen Euro veranschlagt worden. Doch die wahren Projektkosten liegen bis zum Jahr 2021 laut Rechnungshof bei 637 Millionen Euro. Danach müsse mit jährlichen Folgekosten von 50 Millionen Euro gerechnet werden. „Das tatsächliche Ausmaß der Projektkosten“, so heißt es in der Denkschrift, „blieb dem Haushaltsgesetzgeber lange Zeit verborgen.“ Bereits im Jahr 2007 habe das Bundesinnenministerium den Landesanteil an den Projektkosten auf 510 Millionen Euro taxiert. Spätestens im April 2008 hätte es demnach auf Seiten des Landes ernsten Anlass gegeben, die Planzahlen im Haushalt aufzustocken. Statt dessen sei es aber erst im Haushalt 2012 zu einer Korrektur gekommen.

Kritisch setzt sich der Rechnungshof auch mit der Krankheitsreserve an den öffentlichen Schulen auseinander, genauer gesagt: mit deren Organisation. Denn grundsätzlich, so der Rechnungshof, reichten Personal und Geld aus, um die Unterrichtsversorgung im Pflichtbereich sicherzustellen. Auch der schulorganisatorische Spielraum sei vorhanden. Allerdings fehlten steuerungsrelevante Kennzahlen. Das Kultusministerium stütze seine Aussagen zur Unterrichtssituation hauptsächlich auf eine jährliche Erhebung während einer einzelnen Woche im November. Das bilde die Schulwirklichkeit nicht ausreichend ab. So lautet das Fazit: „Zwar sind im System Schule viele Daten analog und digital vorhanden, aber für eine effiziente Auswertung nicht erschlossen.“ Solche Kritik ist für das Kultusressort indes nicht neu. Seine Fähigkeit zur effizienten Ressourcensteuerung gilt in der Landespolitik als stark verbesserungsbedürftig.