Die Mitarbeiter des Herstellers von Software und Komponenten für die Telekommunikation demonstrieren auf dem Werksgelände in Stuttgart für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Grau hängt der Himmel über Zuffenhausen. Mehr als 500 Mitarbeiter des Alcatel-Lucent-Konzerns haben sich im Fabrikhof versammelt. „Das hat sich angedeutet“, sagt ein Beschäftigter. Schon länger wissen die Mitarbeiter des Telekommunikationsausrüsters, dass sie sich auf schwere Zeiten gefasst machen müssen. Das Sparprogramm, dem allein in Deutschland 530 Stellen zum Opfer fallen sollen, ist nicht das erste, mit dem sie konfrontiert werden. „Ich bin eigentlich skeptisch gegenüber den Gewerkschaften“, meint ein Angestellter, der schon mehr als 30 Jahre im Unternehmen arbeitet, „aber die ewige Murkserei des Managements geht mir langsam auf den Geist“.

 

Auf den Plakaten der Mitarbeiter stehen Parolen wie „Wir kämpfen gemeinsam für unsere Zukunft“ oder „Sichere Arbeitsplätze, Zukunftsfähigkeit für Deutschland“. „Unsere Ideen werden nicht berücksichtigt“, ruft Jörg Schmitt, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Alcatel-Lucent Deutschland AG und Mitglied im Aufsichtsrat, seinen Kolleginnen und Kollegen zu, „der Niedergang muss jetzt endlich ein Ende haben.“ Schmitt fordert, der Konzern müsse „neue Felder beackern“, wenn die alten nicht mehr einträglich genug seien. Bruno Eberl von der Stuttgarter IG Metall und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Alcatel-Lucent Deutschland AG nennt die Kundgebung einen „extrem wichtigen Auftakt“ – den Beginn von möglichen weiteren Protestaktionen.

Durchgesetzt haben die Mitarbeiter immerhin eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung der deutschen Tochter des französischen Konzerns in Stuttgart. Durch das Treppenhaus sind sie zum Sitzungssaal gezogen, haben dort ihre Forderungen präsentiert. Das Unternehmen gibt zwar keine Zahlen für Deutschland heraus, doch der Gesamtkonzern schrieb im dritten Quartal einen Verlust von 145 Millionen Euro. „Wir haben einen extrem scharfen Wettbewerb aus Asien“, sagt eine Sprecherin. Weltweit schrumpfe der Markt für Telekommunikationsausrüstungen, verdient werde immer weniger, also müsse gespart werden. In Deutschland – die größten Werke stehen in Stuttgart und Nürnberg – ist das Unternehmen vor allem als Anbieter und Entwickler von Software, Anlagen und Komponenten für den Mobilfunk sowie für die Glasfaserübertragungstechnik aktiv. Insgesamt werden in Deutschland etwa 5500 Mitarbeiter beschäftigt. Im Gegensatz zur Meinung von Mitarbeitern und Gewerkschaft könne sich das Unternehme mit seinen Innovationen durchaus sehen lassen, sagt die Sprecherin, „aber wir müssen uns dem schrumpfenden Markt anpassen.“

Über die Ergebnisse der Aufsichtsratssitzung haben die Beteiligten zunächst einmal Stillschweigen vereinbart. „Es ist traurig“, sagt eine jüngere Beschäftigte aus dem Controlling zu der Entwicklung bei dem Unternehmen. Auch nach der Aufsichtsratssitzung wissen die Mitarbeiter nicht, wie viele Arbeitsplätze möglicherweise in Stuttgart gestrichen werden – und ob Gegenwehr erste Erfolge bringt. Die Mitarbeiterin aus dem Controlling jedenfalls wäre gerne noch lange bei Alcatel geblieben. Doch jetzt rechnet sie damit, das sie sich möglicherweise irgendwann bei einem anderen Unternehmen bewerben muss.