Der Planungs- und Entscheidungsprozess war langwierig. Jetzt hat der Naturheilmittel- und Naturkosmetikhersteller Wala auf den früheren Thermalbadgrundstücken in Bad Boll mit dem Bau eines neuen, rund 30 Millionen Euro teuren Laborgebäudes begonnen.
Bad Boll - Der Wala-Chor stimmt Beethovens „Ode an die Freude“ an – und hat eine Strophe des Textes von Friedrich Schiller kurzerhand umgedichtet. Unter der Leitung des Geburtstagskinds Gerald Winkle singen die 13 Frauen und vier Männer von „einem neuen Haus, das jetzt entstehen soll“, und von „guten Geistern, die in den Räumen walten mögen“. Ebenso feierlich wie den Sängerinnen und Sängern ist auch den Verantwortlichen des Naturheilmittel- und Naturkosmetikherstellers sowie den Gästen zumute, die an diesem Mittwoch dem Spatenstich für das neue Laborgebäude auf den früheren Thermalbadgrundstücken beiwohnen.
Der Vorsitzende der Wala-Stiftung, der Stuttgarter Mediziner Wolfgang Schuster, drückte in seiner kurzen Ansprache aus, was wohl die meisten der Anwesenden dachten. Mit den Worten „Was lange währt wird endlich gut“ bemühte zwar auch er Friedrich Schiller, blickte aber in erster Linie auf den langwierigen Planungs-, Diskussions- und Entscheidungsprozess zurück, der nun doch noch – und zwar, wie ursprünglich geplant, in Bad Boll – in dem Bau des rund 30 Millionen Euro teuren „Technikums“ mündet.
Ein Ensemble in Struktur menschlicher Zellen
Ob das viergeschossige, 75 Meter lange und 40 Meter breite Gebäude als erster Teil einer langfristigen Unternehmenserweiterung auf den Badwiesen errichtet werden kann, war lange unklar. Bereits vor acht Jahren hatte die Wala ihre Idee erstmals öffentlich gemacht. Es folgte ein städtebaulicher Wettbewerb, den das Stuttgarter Büros h4a Gessert und Randecker gewann. Der Architektenentwurf sah vor, dem Ensemble, das nach und nach wachsen sollte, die Struktur menschlicher Zellen zu geben. Im Sommer 2010 wurde dann der Verkauf des Areals besiegelt. Für den Bau hätte der Trainingsplatz des Turn- und Sportvereins verlegt werden müssen. Deshalb strengten Anwohner ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan an – und bekamen Recht. So hieß es, unter Verzicht auf das Sportplatzgelände, zurück auf Anfang.
Nun ist der zweite Bebauungsplan unter dem Namen Breitwies allerdings in trockenen Tüchern. Und auf dem Gelände ist die Baugrube bereits im Werden, so dass die Festredner den Blick vor allem in die Zukunft richten konnten. Der Göppinger Landrat Edgar Wolff zeigte sich erfreut, „dass sich die Wala, als wichtiger Werbefaktor für den Kreis, hier am Standort eine gute wirtschaftliche Basis schaffen kann“. Bad Bolls Bürgermeister Hans-Rudi Bührle lobte „das größte Infrastrukturvorhaben in den 80-jährigen Geschichte des Unternehmens“ und bedankte sich, „dass die Wala, trotz aller unvorhergesehenen Schwierigkeiten Bad Boll treu gebleiben ist“.
Neubau als Folge der betrieblichen Entwicklung
Wolfgang Schuster sprach von einem „Kompromiss, der für alle tragbar ist“, und nannte das „Technikum“, in dem zunächst 120 Beschäftigte aus den Bereichen Forschung und Qualitätssicherung unterkommen werden, „die erste Stufe eines Gesamtprojekts“. Der Bau sei deshalb auch kein Selbstzweck, sondern die Folge einer nachhaltigen betrieblichen Entwicklung. Dass diese unabdingbar ist, unterstrich Professor Florian Stintzing, der Leiter des Wala-Wissenschaftsressorts. „Wir können jetzt die örtliche Zerklüftung beenden und die Containerlösung, die aus allen Nähten platzt, beenden.“ Die immer anspruchsvolleren gesetzlichen Rahmenbedingungen würden dies ohnehin erfordern, ergänzte er. „Und wir bekommen mit dem Neubau die Möglichkeit, unser eigenes Knowhow weiter zu entwickeln, sagte Stintzing.
Der Zeitplan, den die Wala aufgestellt hat, ist ehrgeizig. So soll der Rohbau des Technikums im kommenden November stehen. Mit einem Bezug des Gebäudes wird für den März 2017 gerechnet. Und auch „die zweite Stufe des Gesamtprojekts“ scheint auf der Zielgeraden zu sein. In einigen Wochen will man die Feinplanung für ein neues Logistikzentrum im Nachbarort Zell fertig haben.