Die Sozialdemokraten hadern nach dem bayerischen Fiasko mehr denn je mit der großen Koalition.

Berlin - Mit allgemeinem Lamento hält sich die SPD-Linke nach dem bayerischen Desaster nicht mehr auf. Sie macht Druck. Auf die Vorsitzende. In der großen Koalition sieht der Parteiflügel keinerlei Zukunft mehr. „Jetzt muss die Vorsitzende liefern“, sagte die Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis unserer Zeitung. Wer jetzt nicht begriffen habe, „dass der Abwärtstrend anhält, ist entweder ignorant oder gegenüber der Partei verantwortungslos“, sagte Mattheis, die Chefin des Forums Demokratische Linke in der SPD ist. „Andrea Nahles muss als unsere Führungsfigur innerhalb der Koalition klar signalisieren, was wir wollen“, sagte Mattheis. „Noch vor der Hessen-Wahl“ soll sie mit der Union in Verhandlungen über SPD-Kernanliegen treten. Dazu zählt Mattheis „eine Hartz-IV-Reform, die den Menschen wieder ihre Würde zurückgibt, das Thema Rentenniveau und eine Behandlung des Diesel-Skandals, die nicht die Verbraucher die Zeche zahlen lässt“. Wenn die Forderungen nicht durchsetzbar seien, müsse die Partei „raus aus der großen Koalition“. Die Zeit dränge, sagte Mattheis: „Wir können vor der Hessen-Wahl nicht den Kopf in den Sand stecken und abwarten. Wir dürfen nicht warten, bis die Partei vor die Hunde geht.“

 

„Nicht warten, bis die Partei vor die Hunde geht“

Das markiert die Konfliktlinie. Die erweiterte Parteiführung will Hessen abwarten. „Erst Hessen, dann Analyse“, war der Slogan vom Vize der Bundestagsfraktion Karl Lauterbach. Auch eine sichtlich mitgenommene Andrea Nahles warb dafür, „alle Power in Hessen zu stecken“. Auffallend war, dass die Parteiführung vermeidet, der großen Koalition als solcher die Schuld an der SPD-Misere zuzuschieben. In Nahles' Welt liegt das Problem darin, „dass sich die SPD nicht freimachen konnte vom Richtungsstreit in der Union“. Personaldebatten sollen vermieden werden. „Darüber denken wird nicht nach“, sagte Nahles. Manche aber doch. Die SPD sei „im freien Fall“, sagt der frühere Münchner Oberbürgermeister Christian Ude: „Alles muss auf den Prüfstand.“