Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)

Kann jede Grundschule Ganztagsgrundschule werden?
Wir werden natürlich nicht an zwei Kleinststandorten zwei Ganztagsgrundschulen finanzieren. Da müssen sich die Bürgermeister vor Ort einigen, ob nicht Schulen zusammen gelegt werden. Auch auf den Dörfern wird zunehmend ein Ganztagsangebot erwartet. Aber wir schließen vom Land aus keine Grundschulen.

Stichwort Finanzen. Die größte Herausforderung im Land ist die Haushaltskonsolidierung. Bisher haben Sie es versäumt, Prioritäten zu setzen. Wollen Sie damit warten bis nach der Bundestagswahl?
Das hat mit der Bundestagswahl nichts zu tun. Der Finanzplan wird pünktlich zum 1. Juli dem Landtag vorgelegt. Das ist der Beginn für die weiteren Verhandlungen.

Sie tun sich schwer, Prioritäten zu setzen, wollen Sie einfach prozentual bei den Ministerien sparen?
Was der Finanzplan vorgibt, wird bis zum Herbst auf die einzelnen Ministerien umgelegt. Dann liegt es an den Ministerien, ihre Häuser zu durchforsten und die Prioritäten vorzuschlagen.

Aber das heißt doch Rasenmäher.
Nein. Wir haben unterschiedliche Häuser. Einige haben viel Personal, andere haben viele Programme. Das muss einkalkuliert werden. Wir haben 500 Finanzbeamte mehr eingestellt, um Steuern einzutreiben. Es wäre widersinnig, einige davon nun wieder einzusparen. Auch bei den Lehrern kann man nicht noch einmal kürzen.

Aber wo sind die Prioritäten?
Oberste Priorität ist, da zu sparen, wo es kein Bürger merkt. Das heißt, wir müssen die Verwaltung effektiver gestalten. Der Zustand der Landes-EDV ist von vorgestern. Jetzt wird alles zentralisiert. Der Rechnungshof geht davon aus, dass man 40 Millionen Euro bis 2020 sparen kann. Die Fachleute halten sogar einen dreistelligen Millionenbetrag für möglich. Dann werden wir auch die höheren Beamten, die durch die Verwaltungsreform an die Landratsämter gekommen sind, an die Kreise übergeben. So können wir 25 Millionen sparen. Kein Bürger merkt, ob der Beamte sein Geld vom Kreis bekommt oder vom Land. Die Landratsämter können künftig diese Führungskräfte in niedrigere Gehaltsgruppen einstufen.

Ist es nicht so, dass die SPD lieber bei den Ministerien der Grünen sparen möchte und umgekehrt? Sie bremsen auf einmal bei den Kosten für den Nationalpark.
In diesem Doppelhaushalt bekommt der Naturschutz jährlich sechs Millionen zusätzlich, wie bereits schon in 2012. Das ist ein Plus von 18 Millionen. Euro. Wir meinen, dass der Naturschutzminister diese und weitere vorgesehene Erhöhungsstufen auf den Nationalpark konzentrieren kann. Dann ist das Ding finanziert.

Die Kampagne zur Bundestagswahl läuft schlecht. Woran liegt das, am Kandidaten, an den Themen, an handwerklichen Fehlern, kommt alles zusammen?
Unsere Themen sind noch nicht klar rübergekommen. Es ist eine Fehlinterpretation, dass das angeblich linke Wahlprogramm und der in der Mitte platzierte Kandidat auseinanderlaufen würden. Das hätten wir schon längst klarstellen müssen. Das Wahlprogramm beinhaltet im Kern die Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft. Die Belegschaft soll wieder etwas davon haben, wenn es ihrem Unternehmen gut geht. Wir wollen keine Mitarbeiter zweiter und dritter Klasse. Wir wollen nicht über geringere Löhne den Wettbewerb gewinnen, sondern über das bessere Angebot. Das hat uns auch wirtschaftlich nach vorne gebracht und das ist der eigentliche Kern.

Warum verfängt die Botschaft nicht?
Überall wo Peer Steinbrück auftritt, kommt das rüber und die Leute verstehen, worum es geht. Bisher ist Frau Merkel auch von den Medien eher unkritisch betrachtet worden.

Die Leute finden eben die Steuererhöhungen von SPD und Grünen nicht so gut. Sind Sie da auf einer Linie?
Mit den Steuereingriffen, die die Grünen vorsehen, bekommen sie keinen Koalitionsvertrag. Das funktioniert mit der SPD so nicht. Ich kann nicht jemandem die Geschäftsgrundlage entziehen, der Mitte 50 ist und seine Lebensplanung mit seiner Familie auf das Ehegattensplitting eingerichtet hat. Das haut ja richtig rein. Auch die frühzeitige Anhebung des Spitzensteuersatzes wird es mit uns nicht geben. Wir werden bei den Steuererhöhungen häufig mitverhaftet. Deshalb muss man klar sagen, was mit der SPD geht, und was nicht.

Wir stehen 90 Tage vor der Wahl, was muss nun anders werden?
Die Wahl wird nicht dadurch entschieden, ob wir Leute aus dem CDU-Lager zu uns ziehen können, sondern dadurch, ob es uns gelingt, die Leute die uns früher gewählt haben, wieder an die Wahlurnen zu bringen. Da hilft es, dass die Gewerkschaften erkennbar nicht mehr auf Distanz zur SPD stehen und dass die Linke schwach ist. Wir wollen die große Schar der Arbeitnehmerschaft wieder gewinnen und wir setzen auf das persönliche Ansprechen dieser Wählerschicht.