Der Betriebsratsvorsitzende von Bosch hat beim SPD-Empfang in Feuerbach über die Zukunft des Firmen-Standortes gesprochen. Demnach fehle den Mitarbeitern aktuell eine Perspektive für eine Zeit nach dem Diesel.

Stuttgart-Feuerbach - Da staunten die rund 100 Gäste beim Frühjahrsempfang der Feuerbacher SPD nicht schlecht. Eigentlich hatten sie einen Vortrag zum Thema „Industriestandort Feuerbach im Wandel“ erwartet. Doch es kam besser. Der Betriebsratsvorsitzende der Robert Bosch GmbH und Hauptredner des Abends, Frank Sell, zog es vor, aus dem Nähkästchen des Unternehmens zu plaudern.

 

Sell gab einen tiefen Einblick in die aktuelle Situation am Standort Feuerbach. Leider sei der Ausblick derzeit nicht so rosig. „Niemand weiß, wie es weitergeht.“ Die rund 14 000 Mitarbeiter bräuchten eine Perspektive, die ihnen aktuell aber fehle. Das liege unter anderem an dem Diesel-Skandal, der nicht nur die Hersteller der Automobile, sondern auch den Zulieferer Bosch hart getroffen habe. „Der Gesetzgeber hat noch keine Lösung parat. Das macht den Diesel natürlich unattraktiv. Niemand weiß, ob man in einem Jahr mit seinem Diesel-Fahrzeug überhaupt noch nach Stuttgart fahren darf“, betonte Sell. „Wir brauchen Klarheit.“

Allein in Feuerbach arbeiten rund 8000 Beschäftigte im Dieselbereich. „Was passiert mit den Leuten? Darauf gibt es noch keine Antwort.“ Selbstverständlich habe sich Bosch auch auf den Weg weg vom Verbrennungsmotor und hin zur Elektromobilität gemacht. Allerdings bedeute das auch, dass nicht mehr so viele Mitarbeiter benötigt werden. „Wenn zehn Angestellte im Bereich Diesel arbeiten, benötigt man davon nur noch vier im Bereich der Benziner und nur noch einen für die E-Mobilität“, sagte Sell. „Da bleiben nicht mehr viele Arbeitsplätze übrig.“

Feuerbach steht in Konkurrenz zu Jihlava

Schon seit Jahren seien die Mitarbeiter-Zahlen im Produktionsbereich rückläufig. „Früher haben die Angestellten fast ausschließlich in diesem Bereich in Feuerbach gearbeitet. Heute sind es nur noch 3000 Leute“, sagte Sell. Die Produktion sei nach Osteuropa verlagert worden. Dort würden andere Arbeitsbedingungen herrschen. Der Standort in Feuerbach stehe in direkter Konkurrenz zum Werk im tschechischen Jihlava. „Die Mitarbeiter verdienen dort ein Drittel von dem, was die Angestellten in Feuerbach bekommen.“ Und dann werde den Kollegen in Feuerbach unter die Nase gehalten, dass in Tschechien mehr produziert werde, die Qualität gleich gut sei und das Ganze auch noch weniger koste. Es werde schwer, die 3000 Arbeitsplätze dauerhaft in Feuerbach zu halten.

2000 dieser Angestellten seien sogenannte Nicht-Facharbeiter, die ohne Ausbildung in der Montage arbeiten. „In diesem Bereich werden schon seit Jahrzehnten keine Leute mehr fest angestellt. Wir haben hier viele befristete Stellen“, sagte Sell. Zudem liege der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter bei über 50 Jahren. Durch den Leistungsdruck, das Alter und die vielen Jahre Schichtbetrieb seien leider immer wieder Mitarbeiter krank.

Aber auch die Maschinenbauer im Ingenieurbereich seien vom Wandel betroffen. „Sie sind nicht mehr gefragt und kommen in der neuen Welt nicht mehr vor, wenn sie nichts mit IT oder Software zu tun haben“, sagte Sell. „Es müssen umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen angegangen werden. Zudem wird von den Mitarbeitern eine extreme Mobilität erwartet.“

Die trüben Aussichten am Standort Feuerbach hätten in der jüngsten Vergangenheit aber auch schlagartig verbessert werden können. „Es war geplant, die Zell-Fertigung einer Batterie von Bamberg nach Feuerbach zu verlagern. Doch wir steigen in diesen Bereich jetzt leider doch nicht ein“, sagte Sell. Die Konkurrenz aus China sei zu groß. 20 Milliarden Euro hätten investiert werden sollen. Das Risiko sei aber zu groß gewesen. „Die Fertigungshalle war schon hergestellt. Jetzt wird alles wieder abgerissen. Das ist natürlich ein Rückschlag für den Standort.“ Dennoch werde man den Kopf bei Bosch nicht in den Sand stecken.