Bleiben oder gehen: die SPD will nach zwei Jahren an der Regierung demnächst Bilanz ziehen. Ihr Übergangschef Schäfer-Gümbel hält viel davon, durchzuhalten und den Koalitionsvertrag zu erfüllen.

Berlin - Der SPD-Übergangsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel hat sich indirekt für einen Verbleib der Sozialdemokraten in der großen Koalition ausgesprochen. „Der Koalitionsvertrag, den wir geschlossen haben, kann sich aus meiner Sicht bis heute sehen lassen“, sagte Schäfer-Gümbel unserer Zeitung. „Und für mich gilt: Ich schließe keine Verträge ab mit dem Ziel, sie vorzeitig zu beenden. Aber es muss eben klar sein, dass wir das auch mit aller Kraft machen wollen.“

 

Die SPD lebe davon, dass sie eine Gestaltungskraft sei, sagte Schäfer-Gümbel mit Blick auf die Alternative, aus der Regierung auszuscheiden und in die Opposition zu gehen. Weder bei den Grünen noch bei der Union spiele die Verbindung von ökologischen und sozialen Fragen eine große Rolle. „Für die SPD ist das elementar“, sagte er. Außerdem stelle nur die SPD den gesellschaftlichen Zusammenhalt ins Zentrum ihrer Politik.

Irritation über Debatte zum Irak-Mandat

Vor dem Gang in die Groko hatte die SPD ihren Mitgliedern zugesichert, zur Halbzeit des Bündnisses Bilanz zu ziehen. Derzeit ist noch unklar, auf welche Weise über den Verbleib in der Koalition entschieden werden soll. Über einen Fahrplan für den Prozess soll Mitte August entschieden werden. Allerdings scheint ein Basisvotum vom Tisch zu sein, während nahezu zeitgleich die Mitglieder über den künftigen SPD-Vorsitz entscheiden können. Schäfer-Gümbel sagte, es müsse nicht nur bewertet werden, was bisher erreicht worden sei, sondern auch, welche Zukunftsfragen hinzugekommen seien.

Die Koalitionspartner setzten derzeit unterschiedliche Schwerpunkte zur Frage, welche Rolle militärische Antworten bei außen- und sicherheitspolitischen Fragen spielen sollten. „Wir sind irritiert über die Forderungen aus der Union, das Irakmandat zur Bekämpfung des IS ohne neue Perspektive zu verlängern, obwohl die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vorgeschlagen hatte, es im Oktober zu beenden“, sagte Schäfer-Gümbel. Beim Konflikt in der Straße von Hormus dagegen hätten sich die Koalitionspartner ähnlich positioniert. Für die SPD sagte Schäfer-Gümbel: „Wir wollen keine militärische Eskalation, weil wir große Sorge vor einem Krieg in der Region haben, der ein Flächenbrand werden kann.“

Schäfer-Gümbel äußerte sich auch zu möglichen Konsequenzen aus dem Mord im Stuttgarter Fasanenhof. Man müsse genau prüfen, warum den Behörden nicht aufgefallen sei, dass der Verdächtige offenbar eine falsche Identität benutzt habe, obwohl der polizeibekannt war. „Unser Anspruch muss sein, dass so etwas nicht passiert“, sagte er. Um das Gefühl der Sicherheit zu erhöhen, forderte Schäfer-Gümbel zügigere Gerichtsentscheidungen, mehr Richterstellen, mehr Polizeipräsenz sowie eine Videoüberwachung etwa im Umfeld von Brennpunkten, bei der die Polizei unmittelbar reagiere.

– „Die Polizei muss sichtbarer sein“