Der Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel gratuliert bei einem Festakt der SPD Filderstadt zu ihrem 125-jährigen Bestehen.

Filderstadt - Rot dominiert am Freitagabend im Kleinen Saal der Filharmonie in Bernhausen. In vielen Ecken werfen Scheinwerfer rotes Licht an die Wand. Rote Fahnen hängen über der Bühne. Die SPD Filderstadt hat zum Festakt geladen. Die Genossen feiern ihr 125-jähriges Bestehen; nicht allein, sondern mit Gästen. Auch die politische Konkurrenz macht der aus der Arbeiterbewegung Ende des 19.  Jahrhunderts zuerst in Bonlanden entstandenen Partei ihre Aufwartung.

 

Als Ehrengast und Festredner hat der Ortsverein der Sozialdemokraten keinen geringeren als den Vorsitzenden der Bundespartei, Sigmar Gabriel, eingeladen. Der 55-Jährige, Vizekanzler im aktuellen Berliner Kabinett von Angela Merkel, klammert über weite Strecken Ausführungen über die aktuelle Innen- und Außenpolitik aus. Stattdessen hält er ein spannendes, mitunter kurzweiliges Seminar über die Geschichte der Sozialdemokratie.

Die Parteigeschichte kann er mit links

Nach einer intensiven – und für ihn wenig erfreulichen – Debatte über das internationale Handelsabkommen TTIP auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart, von wo aus er in die Filharmonie weitergefahren wurde, ist der Wirtschafts- und Energieminister bei der Festrede hörbar in seinem Element. Die Parteigeschichte kann er sozusagen mit links: „Man wird ja ein wenig rumgereicht zu solchen Anlässen in den letzten Jahren“, sagt Gabriel, der seit 2009 Vorsitzender der inzwischen 152 Jahre alten SPD ist. Er streift Höhen und Tiefen der Parteigeschichte. „Die Opfer in der Vergangenheit waren groß. Verbote haben die SPD nur stärker gemacht“, sagt er.

Sympathiepunkte sammelt der Parteichef beim Filderstädter Publikum nicht nur mit Anekdoten, sondern insbesondere damit, dass er auch die lokale Parteihistorie in seine Geschichtsstunde einbaut. So zitiert Gabriel auch aus der von Stadtarchivar Nikolaus Back, Willfried Nobel und Walter Bauer erstellten Chronik des Ortsvereins. Ihr zufolge war das Verhältnis zur Kirche Ende des 19. Jahrhunderts stark angespannt. In einem Pfarrbericht ist sogar von einer „Bedrohung durch die Socialdemokratie“ die Rede.

„Die SPD hat eine Menge vorangebracht“

Mit einem Wahlergebnis von 1912, als die SPD in Plattenhardt 71 Prozent erzielte, kehrt Gabriel wieder in die Gegenwart zurück. „Daran sollten wir arbeiten“, meint er mit einem Augenzwinkern, bevor er dann doch noch die aktuelle Politik streift, Erfolge in der Regierungsarbeit herausstreicht und schließlich die Seele der sozialdemokratischen Basis streichelt: „Die SPD hat in der großen Koalition eine Menge vorangebracht. Wir sind dafür da, jeden Tag das Leben ein bisschen besser zu machen.“

Literarisch-musikalischer Spaziergang