Gleich zwei Krisenthemen stehen am Montagabend auf der Tagesordnung der SPD-Kreiskonferenz. Zunächst geht es bei der Aussprache zur OB-Wahl um „Analyse und Schlussfolgerungen“. Anschließend widmen sich die Genossen der Frage nach der Euro-Zukunft.

Stuttgart - Gleich zwei Krisenthemen – ein lokales und ein europäisches – stehen am Montagabend im DGB-Haus auf der Tagesordnung der SPD-Kreiskonferenz. Zunächst geht es bei der Aussprache zur OB-Wahl um „Analyse und Schlussfolgerungen“. Anschließend stellen sich die Genossen einer finanzpolitischen Frage: „Wie geht es weiter mit dem Euro?

 

Der hat – wie die Stuttgarter Sozialdemokraten – schon weitaus bessere Zeiten gesehen. Im Gegensatz zu den Genossen verfügt der Euro allerdings über weit aufgespannte Rettungsschirme. Bei der SPD hingegen sind die Baldachine löchrig und das Selbstbewusstsein liegt nach den frustrierenden 15,1 Prozent bei der OB-Wahl am Boden. Um wieder auf die Beine zu kommen, gibt es „viele Gespräche, viele Meinungen, aber kein Patentrezept“.

Mit seiner öffentlichen Aufforderung an Peter Conradi, endlich aus der SPD auszutreten, hat der frühere Kreisvorsitzende Andreas Reißig die innerpartlichen Probleme jedenfalls nicht gelöst. Auch viele andere Genossen haben sich darüber geärgert, dass der so prominente wie eitle S 21-Gegner aus den eigenen Reihen schon in der ersten OB-Runde zur Wahl des von Fritz Kuhn, dem OB-Bewerber der Grünen, aufgerufen habe. „Aber wir haben nicht wegen Conradi so schlecht abgeschnitten, sondern weil die Wähler nicht mehr wissen, warum sie SPD wählen sollen“, heißt es im Kreisvorstand.

Überholte Verkehrspolitik und Zwist um Tiefbahnhof

Auch an der Basis sehen die Genossen in dem endlosen innerparteilichen Zwist um Tiefbahnhof und Rosensteintunnel die eigentliche Misere. Viele glauben auch, dass der Verkauf von 20000 LBBW-Wohnungen ohne wirksamen Mieterschutz unter einem SPD-Finanzminister ein Desaster für die Partei ist. Das habe auch die gute OB-Kandidatin Bettina Wilhelm bei Diskussionen immer wieder in die Bredouille gebracht. Hinzu komme, dass auch die SPD-Fraktion im Gemeinderat eine überholte Verkehrspolitik vertrete und sich – Reizwort Rosensteintunnel – mehrheitlich nicht um dessen Ablehnung durch die Kreiskonferenz geschert habe.

„Offenbar tut es Euch gut, auf einen Sündenbock einschlagen zu können“, schreibt die SPD-Fraktionschefin Roswitha Blind in einer internen E-Mail an Kritiker. „Wie sollen wir den Wählern vermitteln, dass es sich lohnt, Mandatsträger der SPD zu wählen, wenn wir selbst sie demontieren?“ Wahlen seien erst dann wieder für die SPD zu gewinnen, wenn alle konstruktiv zusammenarbeiteten.

Für diese konstruktive Solidarität dürfte auch der Kreisvorsitzende Dejan Perc am Abend im DGB-Haus werben. Jeder müsse sich Gedanken über die Art und Weise der Zusammenarbeit machen. „Die Partei will endlich zur Ruhe kommen, alle wünschen sich mehr Gemeinsamkeit, mehr Profil“, sagt auch ein erfahrener Genosse. Doch dazu gehöre vor allem in der Verkehrs-, Sozial- und Wohnungspolitik ein kommunalpolitisches Programm, das von Kreiskonferenz und Fraktion gemeinsam getragen werde. „Immer wieder zu beklagen, dass die Niederlage unverdient gewesen ist, hilft uns nach einer verlorenen Wahl überhaupt kein Stück weiter.“

Die SPD kann sich keine Personaldebatte leisten

Der junge Kreisvorsitzende Perc ist für manche Genossen ein „zu stilles Wasser“, das etliche Gelegenheiten, Klartext zureden, verpasst habe. Er muss bei der Vorstandswahl im März aber kaum mit Gegenkandidaten rechnen. Die geschwächte Partei kann sich auch gar keine Personaldebatte leisten, denn die Bundestagswahl im Herbst 2013 steht vor der Tür. Und diese Wahl muss die SPD ohne ihre Erfolgsgarantin Ute Kumpf bestreiten, die – wie berichtet – nicht mehr kandidieren wird. Wer neben Ute Vogt für die Stuttgarter SPD antreten wird, ist noch offen. Sicher ist allerdings schon, dass die Kandidatin oder der Kandidat ohne doppelten Boden kämpfen muss. Mit einem sicheren Listenplatz kann höchstens Vogt rechnen.

Ohne Atempause geht es danach in Richtung Gemeinderatswahl. Für den 2014 stattfindenden Urnengang will die SPD ein überzeugendes Programm und gute Leute aufbieten. „Wenn wir auch diese Wahl verlieren, dann können immer noch mit SÖS und der Linken eine Fraktionsgemeinschaft bilden“, meint ein Spötter. Schwarzen Humor haben die Roten also noch.