Die Parteiführung erleidet nur beim Alkoholverbot eine Niederlage. Den Stellenabbau bei den Lehrern akzeptieren die Delegierten mit Mühe. Der Kultusministerin sicherte Landeschef Nils Schmid „volle Unterstützung“ zu.

Wiesloch - Am Ende des Parteitags atmete Nils Schmid tief durch. „Die SPD ist in der Regierungsverantwortung angekommen“, bilanzierte der Landesvorsitzende und Vize-Ministerpräsident erleichtert. Der Mann, von dem gesagt wird, er habe Nerven aus Draht, hatte in den zurückliegenden Wochen eine gewisse Verkrampfung nicht verbergen können. Der Landesparteitag in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) aber verlief gut für ihn. Der Aufstand der Parteibasis blieb aus, auch wenn die Delegierten den Stellenabbau bei den Lehrern nur mit Mühe schluckten. Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer, in der Landtagsfraktion unter heftigem Beschuss, blieb ebenfalls ungeschoren. Sie wurde mit viel Beifall bedacht .

 

Nur Innenminister Reinhold Gall hat es am Ende noch erwischt. Ausgerechnet Gall, der sozialdemokratische Aktivposten in der grün-roten Landesregierung. Der Parteitag votierte – wie schon vor zwei Jahren in Ulm – gegen Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen. „Demokratie ist auch, wenn man sich nicht durchsetzen kann“, kommentierte der Innenminister den Ausgang der Debattenschlacht. Es handelte sich um eine Niederlage mit Ansage. Schon vor dem Parteitag war spekuliert worden, dass der angestaute Unmut in der Partei in dieser – vergleichsweise nachrangigen – Frage ein Ventil finden könnte.

Jusos kämpfen erfolgreich gegen Alkoholverbot

Aber was heißt schon nachrangig. „Es gibt in unseren Städten Räume, wo sich Menschen nicht mehr hintrauen“, monierte Gall in der Debatte. Öffentliche Plätze, Parks, Straßen, wo gepöbelt, randaliert und reichlich getrunken wird – bis zur Bewusstlosigkeit. Der Landesvorstand hatte deshalb einen Antrag vorgelegt, der es den Kommunen unter strengen Bedingungen ermöglichen sollte, ein zeitlich befristetes und räumlich eingeschränktes Alkoholverbot zu verhängen. Ausschließlich der Gemeinderat als demokratisch legitimiertes Gremium sollte dazu ermächtigt werden, und dies auch nur dann, wenn sich alle anderen Gegenmittel als erfolglos erwiesen hätten. Als weitere Voraussetzung war vorgesehen, dass es sich um einen Kriminalitätsschwerpunkt handeln müsse.

Umsonst. Die von den Jusos mit rhetorischem Freiheitsbombast angeführte Fronde setzte sich durch. Gekämpft wurde mit allen Finessen. Die Jusos schickten ihren frühere Landesvorsitzenden Frederick Brütting ins Gefecht. Er ist seit einem Jahr Bürgermeister von Heubach im Ostalbkreis. Ein geschickter Schachzug, zählen die SPD-Kommunalpolitiker gemeinhin zu den Befürwortern von begrenzten Alkoholverboten. „Wir schicken junge Menschen nicht weg, und wir schieben sie nicht ab“, forderte Brütting. Aber auch die Gegenseite ließ sich nicht lumpen und beorderte ebenfalls einen früheren Juso-Landeschef ans Mikrofon: den Rechtsanwalt Hendrik Bednarz, der für die Position des Landesvorstands warb, jedoch vergeblich.

Die Jusos feierten ihren Abstimmungserfolg, als hätte die SPD soeben die Bundestagswahl gewonnen. Auf stattliche 98 Dezibel schwoll der Lärm an. Innenminister Gall sagte: „Damit ist das Verbot gestorben, da ich davon ausgehe, dass sich auch die Grünen nicht mehr engagieren werden.“ Zwar hatte die Grünen-Fraktion in Gestalt ihres parlamentarischen Geschäftsführers Uli Sckerl zuletzt Aufgeschlossenheit signalisiert. Doch der grüne Parteinachwuchs macht nicht minder Front gegen ein Verbot wie die Jusos. Schon die schwarz-gelbe Koalition hatte nichts zuwege gebracht, die FDP legte in der vergangenen Legislaturperiode ihr Veto ein.

Landeschef Schmid: „ Kultusministerin hat volle Unterstützung“

Zu Beginn des Parteitags hatte SPD-Landeschef Schmid für Einsparungen im Landesetat geworben: „Die Schulden von heute sind der Sozialabbau von morgen.“ Nur Reiche könnten sich einen armen Staat leisten, deshalb gehöre ein seriöse Finanzpolitik ins Zentrum sozialdemokratischen Regierens. „Wir stehen in der Tradition von August Bebel, Friedrich Ebert und Willy Brandt, wir stehen aber auch in der Tradition von Adam Riese.“ Dies bedeute: „Eins und eins gibt zwei, und nicht unendlich.“ Schmid bekannte sich zu Kultusministerin Warminski-Leitheußer: „Sie hat unsere volle Unterstützung.“

Der Parteitag beschloss auch eine Satzungsänderung. Die SPD wird künftig bei Kommunalwahlen ein „Reißverschlussverfahren“ anwenden, um mehr Frauen in die Kommunalparlamente zu bringen. Die Wahllisten müssen künftig abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt werden. Die SPD weist schon jetzt mit 32 Prozent einen überdurchschnittlichen Frauenanteil bei Kommunalwahlen auf.