Beim SPD-Neujahrsempfang lässt der Fraktionschef auch Unmut über Kaufmanns Rückzieher von der Kreistagskandidatur erkennen.

Leonberg - Nein, erfreut ist Martin Kaufmann über die Reaktionen auf seinen Rückzieher nicht. „Dass meine Entscheidung sehr kurzfristig war, stimmt nicht ganz“, kommentiert der Oberbürgermeister beim Neujahrsempfang der SPD Leonberg seinen Verzicht auf eine Kreistagskandidatur. Dabei hatte er in den vergangenen Monaten stets davon gesprochen, für den Kreistag antreten zu wollen.

 

Doch vor einer Woche, unmittelbar vor der SPD-Kandidatennominierung, sagte Kaufmann plötzlich ab. Der Kreisrat Günther Wöhler musste als Spitzenkandidat einspringen. Und beim Neujahrsempfang in der voll besetzten Steinturnhalle ist Kaufmann erkennbar bemüht, den hauptberuflichen Mediziner als zumindest gleichwertige Alternative zu loben: „Ich habe vollstes Vertrauen zu Günther Wöhler. Gerade in der Krankenhaus-Diskussion ist er bestens aufgestellt. Wir arbeiten sehr gut zusammen.“ Ob das Thema Kreistag für ihn jetzt erledigt ist, lässt der OB offen: „Man weiß nicht, was in fünf Jahren ist.“

Zwei junge Kandidatinnen

Ottmar Pfitzenmaier macht keine Anstalten, seinen Unmut über die Last-Minute-Absage zu verbergen: „Bei allem Respekt für die Gründe. Der Zeitpunkt hat den Blick weg von einer exzellenten Kandidatenliste gelenkt“, sagt der Chef der SPD im Gemeinderat. Tatsächlich treten fürs Leonberger Kommunalparlament neben den bewährten Kräften mit Jamie Speidel und Philippa Stolle zwei junge Studentinnen an.

Pfitzenmaier wird seiner Rolle als Spitzenkandidat für den Leonberger Gemeinderat gerecht und gibt sich angriffslustig. Er kündigt einen „schnell umsetzbaren Vorschlag“ an, um die Verkehrsprobleme „zumindest erträglicher zu machen.“ Auch hier lässt er eine Distanz zum Oberbürgermeister erkennen und bezeichnet dessen Seilbahn-Idee als einen „allenfalls schillernden Mosaikstein“ der gesamten Diskussion, der bei nicht wenigen „zu Erheiterung oder Kopfschütteln führt“. Daher dürfe die Seilbahn nicht zum „Synonym der Leonberger Verkehrspolitik werden.“

Rückendeckung gibt der Fraktionschef dem Oberbürgermeister bei dessen Kritik an der früheren Verwaltungsspitze: „Die spektakulärsten Momente der alten Führung waren in all den Jahren die Schließung des Hallenbades und der Rathaus-Neubau. Und der ist schon jetzt zu klein.“

Ottmar Pfitzenmaier bekräftigt das Ziel seiner Partei, 25 Prozent aller Neubauten im bezahlbaren Preissegment zu halten. Dabei gehe es nicht um klassische Sozialunterkünfte, sondern um Wohnungen für Familien und Durchschnittsverdiener.

Der Spitzenkandidat ist erkennbar sauer, dass der SPD-Vorschlag, auf städtischem Grund und Boden an der Berliner Straße zu bauen, bei der politischen Konkurrenz auf großen Widerstand stößt: „Es ist kein Studium nötig, um zu erkennen, wo man am günstigsten bauen kann.“

Kritik an den Freien Wählern

Scharf kritisiert er den Vorschlag der Freien Wähler, die Bürger über ein Wohnviertel am Rande des Stadtparks abstimmen zu lassen: „Das wäre ein peinlicher Offenbarungseid gewählter Volksvertreter.“

Emotional zeigt sich auch die Hauptrednerin des Abends, Leni Breymaier. „Wir haben jetzt Januar und wissen nicht, was im Dezember ist“, sagt die Bundestagsabgeordnete mit Blick auf ihr eigenes politisches Schicksal. Die Gewerkschafterin war zwei Jahre SPD-Landesvorsitzende. Als sie im November bei einem nicht bindenden Mitgliedervotum gegen ihren Herausforderer Lars Castellucci nur knapp vorne lag, gab sie enttäuscht den Vorsitz ab.

Zornig zeigt sie sich nicht: „Wenn du in die Küche gehst, darfst du dich nicht wundern, wenn es dampfig wird“, schwäbelt Breymaier und dankt den Leonberger Genossen für Unterstützung beim Kampf um den Parteivorsitz. Ansonsten gibt sich die gelernte Einzelhandelskauffrau kämpferisch und verteidigt „bei allem Gewürge“ die große Koalition: „Wenn ich die Chance habe, etwas umzusetzen, heidenei, dann mache ich es. Wenn nicht, dann bin ich bescheuert.“ Sie erhält warmen Beifall.