Wie halten es die Genossen im Wahlkampf mit der Vermögensteuer? Auf dem SPD-Parteitag in Dortmund wird diese Frage entschieden. Für Kanzlerkandidat Martin Schulz steht an diesem Sonntag viel auf dem Spiel. Die Parteilinke macht Druck, auch im Südwesten.

Berlin - Miese Umfragewerte, nervöse SPD, drängelnde Parteilinke. Der Parteitag in der Dortmunder Westfalenhalle, auf dem am Sonntag das Wahlprogramm verabschiedet werden soll, wird angesichts von 1627 Änderungsanträgen zum ersten innerparteilichen Härtetest für Martin Schulz, der am 19. März von den Parteitagsdelegierten noch mit 100 Prozent auf den Chefsessel gewählt wurde.

 

Da kann er namhafte Unterstützung gut gebrauchen. Altkanzler Gerhard Schröder hat sich auf Bitten von Schulz angesagt. Er gibt den Einpeitscher, nachdem der ursprüngliche Plan, eine glorreich wiedergewählte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die Stimmung anheizen zu lassen, am 14. Mai gehörig in die Binsen gegangen ist.

Schulz hat die zentralen Bausteine seiner Agenda vorgelegt, nun ist die Frage, ob die Partei ihm folgt. Ein Punkt treibt vor allem die Parteilinke um: Schulz will auf die Forderung nach einer Vermögensteuer verzichten. Eine Mehrheit dürfte ihm zwar sicher sein, aber in der angespannten aktuellen Lage würden schon ein heftiger Streit und ein knappes Abstimmungsergebnis den Kandidaten weiter schwächen. Das wissen die Befürworter der Vermögensteuer, von denen die Jusos am lautesten trommeln und denen kurz vor dem Parteitag auch der DGB zur Seite sprang. Es darf bei diesem Ringen nicht vergessen werden, dass etwa die Parlamentarische Linke (PL) in der SPD-Bundestagsfraktion, die öffentlich weiterhin der Vermögensteuer treu das Wort redet, den Wechsel zu Martin Schulz an der Parteispitze aktiv mit betrieben hat.

Deshalb wird nach Informationen dieser Zeitung fieberhaft an einem Kompromiss gearbeitet. Denkbar wäre, der Parteilinken bei der Erbschaftsteuer entgegenzukommen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte vage und dennoch vielsagend, er könne möglichen Konkretisierungen im Wahlprogramm bei der Erbschaftsteuer „nicht vorgreifen“. Man solle sich da mal „überraschen lassen“. Klar sei: „Wir sind kein Kasernenhof, wir sind eine lebendige Partei“. Auch so lässt sich Gesprächsbereitschaft umschreiben.

Südwest-SPD wartet auf Angebote

Der Landesverband Baden-Württemberg hält ebenfalls an der Vermögensteuer fest, aber auch im Südwesten will man den Streit nicht auf die Spitze treiben. Landeschefin Leni Breymaier hat die umstrittene Forderung gegenüber dieser Zeitung vorsichtshalber ganz dick in generelles Lob für das Gesamtpaket eingepackt. „Programm, Partei und Person passen zusammen“, sagte sie, das sei „schon mal ganz wichtig“. Auch mit den Vorschlägen zur Rente sei sie „weitgehend sehr einverstanden“ – auch weil sich ihr Landesverband da einige Verbesserungen auf die Fahnen schreibt, etwa die Festlegung eines Rentenniveaus von 48 Prozent als Zielgröße für das Jahr 2030. Sie könne sich weiterhin „auch eine Vermögenssteuer vorstellen“, so Breymaier, „aber am Ende kommt es auf das Gesamtpaket an“. Zurückziehen will ihr Landesverband einen Änderungsantrag, der diese Forderung enthält, vorerst nicht. Aber dem Vernehmen nach könnte man es sich schnell anders überlegen, wenn Schulz bei der Erbschaftsteuer tatsächlich nachbessere.

Die Parteispitze hat ihr Nein zur Vermögensteuer schon abgeschwächt. Man habe keineswegs vergessen, dass dieses Symbol jeder Gerechtigkeitsdebatte im Grundsatzprogramm der Partei verankert sei, sagte Heil. Aber in absehbarer Zeit sei eine Umsetzung nun mal nicht sinnvoll. Vor einer ernsthaften Prüfung müsse man erst mal ein anstehendes Urteil des Verfassungsgerichts und europäische Vorgaben abwarten, an denen noch gearbeitet werde, so der Generalsekretär. Erst dann könne man sich dieser Form der Besteuerung seriös widmen. PL-Sprecher Matthias Miersch plädiert deshalb dafür, im Wahlprogramm zumindest klarzumachen, dass die SPD die Vermögensteuer weiterhin anstrebt. Auch dies dürfte Schulz schon zu weit gehen.