Hochrangige Sozialdemokraten wie SPD-Chef Lars Klingbeil erwarten vom Altkanzler, die Beziehungen zu Putin zu beenden. Einer richtet sich mit drastischen Worten an Schröder.

Baden-Württemberg: Florian Dürr (fid)

Berlin - Der ehemalige Bundeskanzler und SPD-Chef Gerhard Schröder wird wegen seiner engen Verbindungen zum Regime des russischen Staatschefs Wladimir Putin zunehmend zum Pariah in der eigenen Partei. Die beiden SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken forderten Schröder am Wochenende öffentlich auf, sofort seine Führungsfunktionen in der russischen Energiebranche niederzulegen und sich von Putin abzuwenden. Auch Fraktionschef Rolf Mützenich und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, die bislang zu den russlandfreundlicheren Kräften in der SPD zählten, gingen demonstrativ auf Distanz zu Schröder.

 

Sogar frühere Russland-Versteher fordern Schröder zu Konsequenzen auf

„Mit einem Aggressor, mit einem Kriegstreiber wie Putin macht man keine Geschäfte“, schrieb Klingbeil bei Facebook. Als Altkanzler handele man „nie komplett privat. Schon gar nicht in einer Situation wie der jetzigen.“ Und Esken ließ über den Kurznachrichtendienst Twitter mitteilen: „Rosneft und Gazprom sind nun Infrastruktur eines blutigen Angriffskrieges. Mit seinen dortigen Mandaten schadet Gerhard Schröder dem Ansehen Deutschlands und der Sozialdemokratie.“

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Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Rolf Mützenich, wandte sich mit deutlichen Worten in Richtung Schröder: „Mit dem System Putin zusammen zu wirken in wirtschaftlichen Fragen, das verbietet sich zurzeit sehr.“ Sogar frühere Russland-Versteher, wie Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig stimmten ein in die Forderungen an Schröder, Konsequenzen zu ziehen. Selbst bei Schröders ehemaligen Unterstützern, wie etwa dem langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Rainer Arnold hat das Verständnis für den Altkanzler ein Ende gefunden: „Du bist heute leider ein ehemaliger Bundeskanzler, der seine eigene Würde komplett verloren hat“, schreibt Arnold in einem offenen Brief und verurteilt Schröders persönliche Freundschaft zu einem „notorischen Lügner, Kriegsverbrecher, Mörder und übelstem Feind der Demokratie und der Freiheit“.

Schröder müsse die SPD verlassen, um der Partei nicht weiter zu schaden

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Lange sei Arnold stolz gewesen auf „unseren Gerd“, doch nun müsse er sich eingestehen, dass er Schröders Persönlichkeit völlig falsch eingeschätzt hatte. Für ihn lässt das nur einen Schluss zu: Schröder müsse die SPD verlassen, um den Sozialdemokraten nicht weiter zu schaden. „Dein Handeln widerspricht eklatant den Grundwerten unserer Partei.“

Andere ehemalige westliche Spitzenpolitiker haben es vorgemacht

Verwundern tun diese Reaktionen nicht, schließlich verkörpert Schröder die SPD als ehemaliger Kanzler und Vorsitzender der Partei heute noch nach außen: Wie der Ex-Kanzler handelt oder was er öffentlich sagt, fällt unweigerlich auf die Sozialdemokraten zurück – ob sie wollen oder nicht.

Doch Schröder scheint weiterhin kein Interesse daran zu haben, Schaden von seiner Partei abzuwenden und klammert sich weiter an seinen Posten als Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und seine wichtigen Positionen bei den Gas-Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Und das, obwohl schon andere ehemalige westliche Spitzenpolitiker vorgemacht haben, wie es geht: aus Protest gegen Putin haben sie ihr Engagement bei russischen Unternehmen beendet.