Die SPD-Rentenpläne sind zwar sündhaft teuer. Aber man weiß bei den Genossen vor der Bundestagswahl wenigstens, woran man ist. Jetzt sind mal die anderen dran, ihre Alternativen zu liefern. Vor allem die Union darf sich nicht mehr wegducken, meint Thomas Maron.

Berlin - Man sollte der SPD zur Abwechslung mal dankbar sein. Dafür, dass sie sich ehrlich machen will im Wahlkampf. Die Genossen werden zwar abermals viele Wähler nicht davon überzeugen, dass sie mit dem Geld der Bürger umgehen können, aber sie erklären wenigstens, wie sie mit dem Geld der Bürger umgehen wollen. Das ist nicht wenig angesichts dessen, dass die Union zwar ständig feixt, man wisse ja gar nicht, wofür SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz stehe, selbst unter Führung von CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel aber noch keinerlei Anstalten gemacht hat, ein wie auch immer geartetes Gesamtkonzept erkennen zu lassen.

 

Jetzt also liegt mit dem Rentenkonzept der SPD der vorletzte Baustein des Wahlprogramms vor, das die SPD auf ihrem Parteitag am 25. Juni in Dortmund verabschieden will. Nächste Woche wird das Steuerkonzept erwartet, dann ist die Erzählung komplett, mit der Schulz antritt. Dem steht bisher nur Merkels „Weiter so“ entgegen. Das mag sogar am Ende reichen, aber ambitioniert oder gar ehrlich ist das nicht. Denn die Fragen, auf die Schulz immerhin versucht, eine Antwort zu geben, sind es wert, auch von der Union gewürdigt zu werden – jenseits wolkiger Steuersenkungsversprechen.

Höhere Erbschaftssteuer

Die SPD hat nun das Ziel ausgegeben, bis 2030 das Rentenniveau auf 48 Prozent halten zu wollen. Was wohlmeinend klingt, ist sündhaft teuer. Weil aber trotz des demografischen Wandels die Beiträge zur Rentenversicherung einigermaßen stabil bleiben sollen, plant die SPD mit jährlichen Steuerzuschüssen zur Rente von bis zu 16 Milliarden Euro. Es ist klar auf was dies vor dem Hintergrund all der anderen Versprechen hinauslaufen wird. Wer Schulen und Straßen sanieren, Breitbandnetze ausbauen, Weiterbildung fördern, Forschungszuschüsse garantieren, Beitragsfreiheit der Bildung von der Kita bis zum Studium versprechen und die Renten auf heutigem Niveaus halten will, der wird, Milliardenüberschüsse hin oder her, um eines nicht umhin kommen: Steuererhöhungen. Die Gretchenfrage ist nun: in welchem Ausmaß.

Die Forderung nach einer höheren Erbschaftssteuer ist bereits beschlossene Sache. Auch der Spitzensteuersatz soll, so ist zu hören, weiter steigen. Um allerdings gut verdienende Facharbeiter nicht zu vergraulen, will die SPD den Spitzensteuersatz zwar wohl anheben, aber dafür erst später greifen lassen. Auch die Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer, der heilige Gral vieler Parteilinker, war zuletzt noch nicht vom Tisch. Wenn es Schulz nicht gelingt, hier Maß zu halten, kann er seinen Wahlkampf beenden, noch bevor er ihn begonnen hat.

Deutschland, Entwicklungsland

Unbestreitbar ist aber auch, dass Deutschland unter einem dramatischen Investitionsstau bei Infrastruktur und Bildung leidet und Zukunft verspielt, wenn nicht schnell gegengesteuert würde. Beim schnellen Internet, Zukunftsgarant für Start-Ups und Existenzgründer gerade auch im ländlichen Raum, ist Deutschland fast schon Entwicklungsland. Hier zu investieren ist, da hat Schulz recht, wichtiger als Steuern zu senken oder den Rüstungsetat emporschießen zu lassen, nur weil ein cholerischer US-Präsident sonst schlechte Laune hat.

Bei der Rente ist die Sache nicht so einfach. Es lässt sich nicht pauschal sagen, ob ein Rentenniveau zu hoch oder zu niedrig ist. Wichtig ist nicht ein abstrakter Prozentsatz, sondern dass Rentenhöhe und deren Kosten von möglichst vielen Jungen und Alten gleichermaßen akzeptiert werden und wirtschaftlich verträglich sind. Darüber muss diskutiert werden – vor der Wahl. Die SPD hat ihren Beitrag geleistet. Jetzt sind mal die anderen dran.

thomas.maron@stzn.de