Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Was hätte es der SPD gutgetan, hätten Partei und Arbeitnehmervertreter die Vollendung des großen Projekts feiern können. Nun gehen sie aufeinander los: Bsirske gegen Arbeitsministerin Andrea Nahles und SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi gegen Bsirske. Diese hält dem Verdi-Boss gereizt vor, „nicht rundum informiert beziehungsweise in Teilen fehlinformiert gewesen zu sein“. So sind die Fetzen seit Jahren nicht geflogen. Zudem springt sofort die Linkspartei in die Lücke: „Bei der SPD liegen die Nerven blank“, giftet der Linksfraktionsvize Klaus Ernst. „Offenbar gibt es im Willy-Brandt-Haus einige, die immer noch nicht gelernt haben, dass die Gewerkschaften nicht die Laufburschen der SPD sind.“ Fahimi, „eine Funktionärin aus der zweiten Reihe“, solle sich bei Bsirske „öffentlich entschuldigen“. So kommt es vor allem auf einen an, die Risse zu kitten, bevor die von der SPD mühsam wiederbelebte Allianz auseinanderfällt: auf Parteichef Sigmar Gabriel. Doch der hatte mit Andrea Nahles und den Fraktionschefs der Koalition die Ausnahmen selbst vereinbart. Also verhält er sich auffällig ruhig.

 

Auch die Industriegewerkschaften, deren Mitglieder von der Mindestlohnhöhe 8,50 Euro freilich viel weniger tangiert sind als Verdi und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wollen den Krach nicht anheizen. Ungeachtet der Ausnahmen sei der gesellschaftliche Fortschritt entscheidend; der Widerstand sei ja nicht von der SPD gekommen, heißt es bei der Chemiegewerkschaft, die als Heimat von Generalsekretärin Fahimi – zudem die Lebensgefährtin des Vorsitzenden Michael Vassiliadis – gewisse Beißhemmungen hat. Ähnliches verkündet die IG-Metall-Zentrale: Dort findet man die Sonderregelungen nicht so gut, doch stünde das Gesamtpaket positiv im Vordergrund. Auch gewerkschaftsintern gibt es da noch einiges zu besprechen.