Mit mehr Fahndern, längeren Verjährungsfristen und strikten Auflagen für die Banken wollen die Genossen im Fall eines Wahlsiegs im Herbst gegen Steuerhinterzieher vorgehen. CDU-Generalsekretär Gröhe wirft der SPD Populismus vor.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück versucht mit einer sachpolitischen Offensive, Boden gutzumachen und seinen holperigen Start vergessen zu machen. In der vergangenen Woche warteten die Sozialdemokraten bereits mit einem Programm zur Bekämpfung von Mietpreissteigerungen sowie Eckpunkten für eine Reform des Kindergelds auf.

 

Am Montag machte Steinbrück zusammen mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel und Stephan Weil, dem niedersächsischen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am Sonntag, den dritten Aufschlag. Die drei Genossen stellten die „Braunschweiger Erklärung“ vor, in der die SPD der Steuerhinterziehung den Kampf ansagt. Das Papier haben die Präsidien der Niedersachsen- und der Bundes-SPD in Braunschweig beschlossen.

Den Fiskus kommt Steuerbetrug teuer zu stehen. Nach Schätzungen Steinbrücks gehen dem Staat dadurch jährlich 150 Milliarden Euro verloren – das entspricht, wie in dem SPD-Papier ergänzt wird, 16 Prozent der gesamten Steuereinnahmen der Bundesrepublik.

Erinnerung an die Kavallerie

Deshalb will die SPD im Fall eines Wahlsiegs bei der Bundestagswahl im Herbst mehr Personal für den Kampf gegen Steuerkriminalität bereitstellen, eine bundesweite Steuerfahndung aufbauen und die Befugnisse der bestehenden Schwerpunktstaatsanwaltschaften aufwerten. Zudem sollen die Verjährungsfristen für einschlägige Delikte nicht mehr automatisch nach zehn Jahren enden, sondern mindestens die Laufzeit verdächtiger Finanzkonstrukte abdecken.

Darüber hinaus will die SPD alle in Deutschland tätigen Finanzinstitute verpflichten, auf Angebote von Bankprodukten und Bankdienstleistungen zu verzichten, mit denen ihre Kunden Steuern hinterziehen können. Stattdessen sollten sie mit den Finanzämtern kooperieren.

Peer Steinbrück selbst spielte auf seinen alten Spruch von der „Kavallerie“ an, die man gegen die Schweiz in Stellung bringen könne. „Diejenigen, die nicht nur über die Kavallerie geredet haben, sondern die sie auch gesattelt und haben ausreiten lassen, sind die Amerikaner“, lobte Steinbrück. Gemeint war die Regierung von US-Präsident Obama, deren Behörden in der Auseinandersetzung mit Schweizer Banken offensiv gegen Steuerhinterzieher vorgingen. Der Regierung Merkel dagegen warf Steinbrück Versagen und Untätigkeit im Kampf gegen Steuerbetrug vor.

„Fahnder sind ihr Geld wert“

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bezeichnete das SPD-Konzept als verlogen. „Das ist ein starkes Stück aus der Populismusküche und an Verlogenheit wahrlich nicht zu überbieten“, sagte Gröhe in Berlin. Wenn die SPD dem Steuerabkommen mit der Schweiz zugestimmt hätte, hätte sie bereits zu Jahresbeginn Steuergerechtigkeit bekommen können. Auch FDP-Chef Philipp Rösler kritisierte die SPD-Initiative. Dagegen bekräftigte Steinbrück das Nein der SPD-regierten Länder im Bundesrat. „Es war richtig, das Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt zu haben“, sagte er. Das Abkommen hätte Steuerbetrug nachträglich legitimiert.

Der baden-württembergische Finanzminister Nils Schmid (SPD) unterstützt die Initiative. Im Südwesten würden bis 2015 500 neue Stellen für Steuerfahnder überwiegend im Außendienst sowie 500 Ausbildungsplätze in der Steuerverwaltung geschaffen. „Jeder Fahnder ist sein Geld wert“, betonte Schmid. „Im Schnitt erzielt er ein Mehrergebnis von rund einer Million Euro im Jahr.“