Die Bundesregierung will den Eintritt ins Rentenalter flexibler gestalten. Gewerkschaften denken dabei vor allem an eine Flexibilisierung nach unten, Arbeitgeber nach oben.

Die Bundesregierung will den Eintritt ins Rentenalter flexibler gestalten. Gewerkschaften denken dabei vor allem an eine Flexibilisierung nach unten, Arbeitgeber nach oben.

 

Berlin - Arbeitnehmer sollen nach Vorstellungen der SPD-Fraktion künftig schon mit 60 Jahren eine flexibel gestaltete Teilrente in Anspruch nehmen können. Im Moment seien „die Höhe der Teilrente und die Hinzuverdienstgrenzen sehr starr“, sagte die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzende Carola Reimann der „Berliner Zeitung“ zu Überlegungen zur sogenannten Flexi-Rente.

„Wer nur ein bisschen davon abweicht, der hat unter Umständen große Verluste. ... Deswegen wollen wir die Stufen kleiner machen und ermöglichen, dass man 30, 40, 50, 60 und 70 Prozent Rente in Anspruch nehmen kann. Gleichzeitig sollten die Hinzuverdienstgrenzen gelockert werden. So wollen wir die Übergänge geschmeidiger machen“, sagte Reimann weiter.

Übergang in die Rente soll flexibler werden

Die Überlegungen, die innerhalb der SPD schon seit längerem angestellt werden, stehen im Zusammenhang mit der Verabredung in der Koalition, nach der abschlagsfreien Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren und der Mütterrente nun den Übergang in die Rente generell zu flexibilisieren. Eine Flexi-Rente war sowohl Anliegen der Gewerkschaften als auch der Arbeitgeber.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte bereits im Juni einen flexiblen Übergang in die Rente schon ab 60 Jahren gefordert. Sein Vorstoß, die Altersgrenze für die Teilrente von 63 auf 60 Jahren zu senken, stieß aber auf massiven Widerstand. Union und Arbeitgeber lehnten den Vorstoß strikt ab.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) mahnte: „Die deutsche Wirtschaft ist bereits jetzt durch den Fachkräftemangel und künftig noch stärker durch die demografische Entwicklung auf ältere Beschäftigte und deren Know-how angewiesen.“ Ein Teilrentenbezug bereits ab dem 60. Lebensjahr sei „deshalb vollkommen kontraproduktiv“.

„Das heutige Rentenrecht bietet bereits genügend Möglichkeiten für gleitende und vorgezogene Übergänge in den Ruhestand. Hier sollte nicht noch weiter draufgepackt werden“, argumentierte die BDA.

Bisherige Regelung ist kompliziert

Die Möglichkeit, weniger zu arbeiten und mit Abschlägen früher Rente zu kassieren, gibt es bereits seit 1992. Die bisherige Regelung für eine solche Teilrente gilt aber als kompliziert und unflexibel.

„Wir wollen, dass jeder früher aufhören, aber auch länger arbeiten kann - abhängig von der Situation am Arbeitsplatz und der individuellen Leistungsfähigkeit“, sagte nun die SPD-Fraktionsvize. Die große Koalition will es Arbeitnehmern auch erleichtern, über die gesetzliche Altersgrenze hinaus zu arbeiten. Reimann zeigte sich bereit, über die Forderung der Arbeitgeber zu reden, in diesem Fall auf Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu verzichten.

Union und SPD sind dabei, mit dem Arbeitsministerium und den Tarifpartnern Regelungen für einen flexibleren Ausstieg aus dem Beruf zu erarbeiten. Eine Arbeitsgruppe wurde erst vor ein paar Wochen eingerichtet und soll im Herbst Vorschläge unterbreiten. „Zum Jahresende wäre dann klar, was im Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden soll“, sagte Reimann.

Sie betonte: „Klar ist, dass die Lösung für die Rentenkassen keine neue Belastung verursachen darf.“ Gemeinsam mit dem Ministerium prüfe man derzeit, wie die Einbußen für die Ruheständler kompensiert werden könnten: „Denkbar wäre etwa, dass Beschäftigte in jüngeren Jahren Arbeitszeit ansparen und dann einsetzen. Oder man könnte Betriebsrenten oder freiwillige Beiträge dafür verwenden.“