Das Thema Schweinefleisch in Kitas bewegt viele Gemüter. Auslöser ist eine Entscheidung von zwei Leipziger Kitas, Schweinefleisch aus dem Speiseplan zu streichen.

Stuttgart/Leipzig - Zwei Kindertagesstätten in Leipzig haben Ärger, weil sie auf Schweinefleisch verzichten wollen. Die Kitas hatten den Eltern kürzlich mitgeteilt, dass nur noch schweinefleischfreies sowie gelatinefreies Essen ausgegeben werden würde. Sie begründeten dies durch „Respekt gegenüber einer sich verändernden Welt“, da in der Kita auch muslimische Kinder sind.

 

Seit einem Bericht in der „Bild“-Zeitung äußern sich allerorten Politiker, Eltern, Lehrer und andere zu dem Thema. Die Union sowie die AfD sprachen sich gegen ein „Schweinefleischverbot“ aus. AfD-Bundestagsfraktionsvize Beatrix von Storch sieht in dem Verzicht sogar eine „kulturellen Unterwerfung“. Inzwischen haben die Kitas ihren Entschluss zurückgenommen.

Träger entscheiden im Land

Doch der Verzicht auf Schweinefleisch in Kitas ist nichts Neues. So haben vor einigen Jahren viele Frankfurter Kitas beschlossen, auf Schweinefleisch zu verzichten. Auch in Berlin sei der Verzicht kein politisch brisantes Thema, erklärte Martin Klesmann, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

In Baden-Württemberg sorgen die Speisepläne von Kitas ebenfalls kaum für Diskussionen. Isabel Kling, Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums, betont, dass die Entscheidungen über den Speiseplan von Kitas bei den Trägern liegen. Das Land sei mit einem Programm zur Ernährungsschulung in Schulen und Kitas unterwegs. „Da steht alles auf dem Speiseplan“, sagt sie. Denn die Ernährungsweise sei die „freie Entscheidung eines jeden Bürgers“.

Vegetarische Alternativen

In den katholischen Kindergärten in Karlsruhe seien Essensvorschriften kein Thema, sagt Frank Bauer, stellvertretender Kindergartengeschäftsführer. Sollten Kinder religiösen oder auch anderen Essensvorschriften folgen, werde vor Ort mit den Eltern nach einer „einvernehmlichen Lösung“ gesucht, sagt er. Ähnlich sieht es in den Kommunen in Baden-Württemberg aus. In den städtischen Kitas in Stuttgart gibt es etwa einmal pro Woche Schweinefleisch. Gleichzeitig wird aber auch immer eine vegetarische Alternative geboten.

Auch die Politik äußert sich in Baden-Württemberg zumeist nüchtern zu dem Thema. Die Grünen im Landtag sorgen sich weniger um den Schweinefleischverzicht als um die Aufregung darüber. „In höchstem Maße besorgniserregend ist für uns, wie aufgeheizt und massiv über einen Speiseplan diskutiert und gehetzt wurde, sodass die Kita-Leitung zwischenzeitlich sogar die Polizei einschalten musste. Das ist nicht hinnehmbar“, sagte Brigitte Lösch, Sprecherin für frühkindliche Bildung der Grünen-Fraktion im Landtag. Wie der Speiseplan aussehe, sei eine Angelegenheit der Kita, die diese Entscheidung „selbstverständlich in enger Absprache mit den Eltern“ treffen sollte, meint die Sozialpädagogin. Dies könne jetzt auf dem „nächsten Elternabend der Leipziger Kita“ geschehen. Wichtig sei vor allem die gesunde Ernährung der Kinder.

Der AfD-Kreisverband Mannheim dagegen spricht von einem „Kita-Irrsinn“.

Viele Religionen kennen Speisevorschriften

Der Deutsche Lehrerverband erklärte, es gebe einen wachsenden Druck aus dem muslimischen Milieu. Islamische Interessensgruppen, Moscheevereine, Verbände, Elterngruppen vor Ort oder auch überregional, artikulierten sich „viel stärker und offenkundiger als früher“, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger der Katholischen Nachrichten-Agentur. Das betreffe auch Bitten nach mehr Rücksichtnahme der Schulen auf den muslimischen Fastenmonat Ramadan, etwa durch Verzicht auf Sportfeste oder weniger Hausaufgaben

Viele Religionen kennen Speisevorschriften. Auch im Judentum gilt Schweinefleisch als unrein. Hinduisten verzichten auf Rindfleisch, weil die Kühe ihnen heilig sind. Protestanten und Katholiken sollen an Karfreitag auf Fleisch verzichten. Für Katholiken gilt diese Vorschrift eigentlich jeden Freitag. Auch andere verzichten auf Fleisch, etwa Vegetarier. Veganer meiden alle tierischen Produkte, zum Beispiel auch Eier und Milch.