Keltenforscher haben bei Riedlingen einen archäologischen Schatz gehoben. Schade nur: Frühe Grabräuber ließen kaum Artefakte übrig.
Der auffällige, von Menschen aufgeschüttete Riesenhügel in der Gemeinde Altheim, ganz in der Nähe der Stadt Riedlingen (Kreis Biberach), hat eine schaurige Geschichte. Zur Zeit des Mittelalters stellten die Riedlinger ihren Galgen auf die Anhöhe. Später wurde der Henkersplatz überbaut, umgepflügt, in neuerer Zeit stark geplättet und zum Ackerbau genutzt. Dann näherten sich 2023 Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege (LAD), die seit 2015 in der Region rund um die Heuneburg nach Spuren der Kelten suchen, mit schwerem Gerät. LAD-Präsident Claus Wolf erinnert sich an den auslösenden Verdacht:„Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein Richtplatz auf einer historischen Stätte befindet.“ Treffer.
Was die Experten während dieses Jahres Stück für Stück freilegten, ist ein Fürstengrab aus frühkeltischer Zeit, ein bundesdeutscher „Glücksfall für die Archäologie“, wie der örtliche Forschungsleiter Dirk Krausse sagt. In der moorhaltigen Erde nahe der Donau, von Grundwasser bedeckt, zeigten sich bestens erhaltene Holzbalken eines eingestürzten Kammergrabes. An einem mitgeborgenen Eichenwerkzeug konnte eine erste Holzalterbestimmung vorgenommen werden. Der sorgsam geschnitzte Prügel stammt demnach aus dem Jahr 585 vor Christus. Das ganze Grab ist also 2600 Jahre alt und gleicht den wenigen weiteren bekannten Grabhügeln aus dieser Epoche, die Kelten in Südwestdeutschland für besonders hochstehende Persönlichkeiten aufgeschüttet hatten. So wie das Grab der Keltenfürstin vom Bettelbühl am Fuß der nur sieben Kilometer entfernten Heuneburg. Präsident Wolf nennt den Keltensitz über der Donau gern die „Akropolis“ des Keltenzeitalters.
Die Grabräuber waren gründlich
Gerne hätten die Forscher weitere Nachweise zu Rang und Leben der oder des Toten gesammelt und präsentiert. Aber es gibt ein Problem, das Wolf und seine Fachkollegen ebenfalls schon früh vorausgeahnt haben. „Dass der Hügel beraubt war, war uns eigentlich klar.“ Die Bestätigung dafür waren ein schräg durchs Erdreich führender, später mit Steinen verfüllter Raubgräbertunnel sowie ein sorgfältig leergeplünderter Kammerboden. Nicht ein einziger Knopf, nicht einmal das kleinste menschliche Knochenstückchen wurde auf der drei mal vier Meter großen Grabgrundfläche gefunden.
Funde wurden dennoch gemacht, allerdings außerhalb der Kammer und teilweise im Räubertunnel. So wurden winzige und auch große Ziernägel gefunden. Einige davon kennen die Archäologen von ihrer Machart genau. Sie gleichen Eisennägeln zum Bau eines vierrädrigen Wagens, wie er zum Beispiel aus dem rund 50 Jahre jüngeren Fürstengrab von Hochdorf bekannt ist. Die Archäologen vom Amt sind überzeugt, dass auch diesem Grab bei Altheim ein Wagen beigegeben worden war.
Noch weitere Tote kamen in den Hügel
Die Grabräuber waren zügig gekommen, so die Annahme, schlichen sich schon wenige Jahre oder Jahrzehnte nach der Bestattung an den Hügel heran. Vielleicht haben sie doch etwas übersehen, hofft man beim Denkmalpflegeamt. Ein paar Stellen rund um die Grabreste sind immer noch unangetastet und von nasser Erde bedeckt. Bis zum Ende des Jahres, bevor der Frost kommt, soll alles dokumentiert, geborgen und zur Restaurierung abtransportiert sein.
Weiß man auch nicht, wer die hochstehende Person war, die hier einst lag – einen Toten haben sie dennoch gefunden, in höherer Schicht. Es handelt sich um Skelettreste eines rund 80 Jahre später verstorbenen, 25 bis 35 Jahre alten Mannes. Solche „Nachbestattungen“ seien allgemein nichts Ungewöhnliches, sagen die Experten. Platz war hier beim Erdkegel mit seinem Durchmesser von 65 Metern ja genug. Reste zweier Tongefäße, die menschlichen Leichenbrand enthielten, also Urnen waren, fanden sich in direkter Nähe auch noch .
Die Kammer soll rekonstruiert werden
Geht es nach den Entdeckern, wird die Grabkammer rekonstruiert in ein paar Jahren in der Region ausgestellt, vielleicht innerhalb der Heuneburg-Erlebniswelt, die ja geplant ist. Andrea Lindlohr, Staatssekretärin im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, äußert jedenfalls Sympathie für so eine Idee. Dass damit am Ende auch noch das Finanzministerium einverstanden sein müsste, erwähnt sie ebenfalls.